Wenn ich zum letzten von Freund Sehubotz erhaltenen Brief greife,der aus dem fernen Südwest kam,dann muss ich darin lesen,dass sein Leben ganz auf den status »aus der Hand in den Mund» gekommen ist.Ferner lesen, dass Überweisungen nur noch in kleinen Beträgen und ausschliesslich zu Unterstützungszwecken für nahe Verwandte erlaubt sind.Von der neuen Welt abgesehen,die augenblicklich noch (doch für wie lange?) in Illusionen lebt,ist überall Meister Schmalhans eingekehrt u. an vielen Orten die Situation keineswegs besser als in Deutschland.Wie es in Frankreich,Oesterreich,Holland steht ; werden Sie draussen auch erfahren haben.Und im Osten herrscht allerorten die bitterste Armut gepaart mit dem fanatischen Raubinstinkt der Ausgeplünderten.
Kann man sich darüber wundern,dass in dieser heute bestehenden AngstStimmung vor neuen Eruptionen der Tyrranis bei uns kein Mensch mehr andere als rein persönliche Hilfsleistungen leisten will u.sich auch da mehr und mehr auf die nächsten Verwandten zu beschränken gezwungen sieht.
Es tut mir sehr leid Ihnen solch bekümmerte schreiben zu müssen.Doch sie ist eine absolut aufrichtige,welche die Dinge so nennt,wie sie liegen.Von den bei nicht Wenigen nachwirkenden Ressentiments habe ich dabei bewusst abgesehen.Ihr Heranziehen würde das Ge- sammtbild nur noch trüber machen.Wer nur ein bischen politischen Instinkt in sich trägt,kann die Aussichten für die nächste Zukunft nur tragisch beurteilen.Wir stehen mitten in einem »Glaubenskrieg» drinnen,der gar leicht ein enorm blutiger werden könnte und auch als kalter Krieg voller unsäglicher Gefahren bleibt.Dass die regierenden Gewalten kaum viel anders denken,auch wenn sie nicht selten optimistischer reden,ist für alle. Feinhörigen unverkennbar.Die grosse,vorläufig unlösbare Frage lautet,ob dieser ins Unglück gekommenen alten Welt überhaupt noch geholfen Werden kann,oder ob wir wieder in die reine Barbarei absinken müssen?
Allen Respekt vor Ihrem guten Glauben,dessen Erfüllung an freiheitliches Denken,Vernunftgemässes jodeln und die Gusnt der Gestirne geknüpft ist!Ich geoe auch zu,dass solches besser ist als den Kopf hängen zu lassen.Doch die Tiefe des Sturzes für uns Menschen in ganz Europa wird durch den echtesten Glauben nicht geringer.Nur kleine,aber tapfere Schritte werden das Verhängnis langsam, und nach viel erwiesener Geduld,zu handeln vermögen.Mit herzlichen Grüssen und besten Feiertagswünschen ihr »alter Humanist»