mischen Observatoriums, und mit Hilfe der Akademie gelang es, zu dessen Leitung Herrn Professor Dr. B r c n d e l zu gewinnen.
So große Erfolge konnte der Verein nur erreichen durch die Hingabe der Dozenten und dadurch, daß stets in der Bürgerschaft sich Männer fanden, die mit klugem Verständnis für die Bedürfnisse der Zeit die Energie und Umsicht verbanden, das oft gefährdete Schiff durch alle Klippen und Fahrnisse mit sicherer Hand zu lenken. Der vieljährigcn Vorsitzenden, der Professoren Petersen, Roeßler und Hart mann sei hier besonders dankbar gedacht.
Die Anerkennung, welche der Physikalische Verein bei Stadt und Staat genießt, spricht sich auch darin aus, daß die Institute durch regelmäßige Zuwendungen unterstützt werden. Die geringen Vereinsbeiträge unserer zirka 1200 Mitglieder würden finanziell lange nicht ausreichen, und nur durch jene Zuschüsse ist der Verein in den Stand gesetzt, den umfangreichen Betrieb zu führen. Der Verein schätzt es als eine Ehrenpflicht, auch seinerseits der Allgemeinheit sich nützlich zu erweisen. In dieser Beziehung sei insbesondere der Veranstaltung von Fortbildungskursen für die Oberlehrer der sämtlichen preußischen höheren Schulen gedacht, die auf Anregung des Herrn Direktor Dr. Bode mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums bei uns eingerichtet sind. Solcher Kurse, die in allen Teilen des Staates die größte Anerkennung fanden, haben bisher zehn stattgefunden. Die ersten leitete Direktor Dr. Bode, später beteiligten sich an der Leitung die Herren Professor Presber bezw. Professor Tr. Böller.
Die Anerkennung des Unterrichtsministeriums fand auch darin einen ehrenvollen Ausdruck, daß seit 1899 unseren Assistenten, falls sie Kandidaten des höheren Schulamts sind, bei Anrechnung ihrer Dienstzeit dieselben Vorteile zugestanden werden wie den Universitätsassistenten. Wir sind das einzige private Institut in Preußen, dem diese Vergünstigung gewährt worden ist.
Für die universitären Bedürfnisse genügen jedoch die Räume nicht vollkommen, und so wurde beschlossen, das Chemische Institut zu verlegen. Der Bau desselben gegenüber dem jetzigen Institut ist im Gange.
Die führenden Männer des Physikalischen Vereins und die überwältigende Mehrzahl seiner Mitglieder haben in vollem Verständnis für das große Ziel, das sich der hochverehrte Gründer unserer Universität, Herr Dr. A d i ck e s, gesteckt, einen Teil der Selbständigkeit des Vereins aufgegeben, um als dienendes Glied einem größeren Ganzen sich cinzufügen. Er ist stolz darauf, der jungen Universität Kräfte, Einrichtungen und ein hohes wissenschaftliches Ansehen zuführen zu dürfen. Möge der Entschluß, den die Mitgliederversammlung am 8. Juli 1911 gefaßt, die Stiftungsuniversität mitgründen zu helfen, sich als segensreich erweisen für alle Beteiligten!
Von Prof. Dr. Berthold Freudenthal.
lieber Frankfurt als Stadt der Wissenschaften sind von Fernerstehenden zwei Meinungen oft vertreten worden: Die einen betrachten es als Handelsstadt und darum als ungeeignet für ideelle Bestrebungen; die anderen als Stadt der Naturwissenschaften, der geisteswissenschaftliche Betätigung wesensfremd sei. Mit der ersten Auffassung ist sticht ernsthaft zu streiten. Wer kann sehenden Auges die Stadt der größten sozialen Opfer, die Stadt des Städel- schen Kunstinstitutes, die Stadt des Institutes fiir Gemeinwohl und seiner Tochterschöpfungen, die Stadt der Speyer- schen Millionenstiftungen zur „reinen Handelsstadt" herabdrücken? Die anderen, die Frankfurt den Naturwissenschaften Vorbehalten, können sich doch wenigstens auf gewisse historische Gründe stützen: Tie Entwickelung der Wissenschaften in Frankfurt hat bei den Naturwissenschaften und der Medizin eingesetzt, und verhältnismäßig erst spät sind die Gei st e s- st-.i s s e n s cl>a s t eu in ; diese Entwickelung miteWgetreten, Aber dann haben sie an ihr reichen Anteil gehabt. Und sind tn kurzer Zeit zu einer Blüte gelangt, wie sie nur weitgehender Optimismus zu Anfang hätte voraussehen können. So dient Frankfurt jetzt beiden Kreisen der Wissenschaft. Und das ist kein bloßer Zufall, denn Frankfurt bietet eben der Wissenschaft überhaupt ungewöhnlich günstige Lebensbedingungen. Wohl war es seit Jahrhunderten seinen Erwerbsquellen nach auf den Handel in erster Linie angewiesen. Aber viele, denen er zu Wohlstand oder Reichtum verhaften hat, haben sich für ihre Mußestunden die Pftege einer Wissenschaft oder eines — wenn auch noch so kleinen — Teiles einer Wissenschaft erkoren. Es hat sich da geradezu eine Frankfurter Tradition wissenschaftlicher Art herausgebildet. Bei ihr aber sind auch die Geisteswissenschaften voll zu ihrem Rechte gekommen. Wer in Frankfurts Mauern je über sie Vorlesungen gehalten hat, der erinnert sich so manches grauhäuptigen Hörers, dem die Liebe zur Wissenschaft und die Ehrfurcht vor ihr im Gesichte geschrieben stand. Das sind die Elemente, die zur festen persönlichen Grundlage für die Entwickelung der Wissenschaft in unserer Stadt geworden sind.
So war es ferner auch kein Zufall, daß gerade in ihrem Bereich eine Fülle von wissenschaftlichen Stiftungen sich gefunden hat, wie sie in Deutschland nicht leicht wieder zu finden sein wird. Nur von Amerika war man vordem Stiftungssummen gewöhnt, wie sie die Wünschelrute des früheren Oberbürgermeisters aus Frankfurts Boden zu zaubern verstand. Wiederum täte inan unrecht, führte man diese Stiftungen allein auf das Gefühl gesellschaftlicher Pflicht oder dergleichen zurück, statt auf wissenschaftliches Interesse. Die Zahl derer, die „ihrer" Wissenschaft stiften wollten und nur ihr, war sehr groß, und wer, wie der Verfasser aus seinem Rektorate zur Zeit der Begründung der Universität, von dem Hergange sol-
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chcr Srijtungcn weiß, der wird bezeugen müssen, daß es in
zahlreichen Fällen nicht möglich gewesen wäre, einer anderen, bedürftigeren Wissenschaft zuzufllhrcn, was einer dieser Stifter „seiner" Wissenschaft einmal zugcdacht hatte. Geistiges, wissenschaftliches Eigcniifteresse war eben eine der Hauptquellen solcher Stiftungen.
Der Pflege der Geisteswissenschaften in Frankfurt hat sich die Akademie für Sozial- und Handelswis- s e n s ch a f t e n gewidmet. In ihr sind von Anfang an, außer den wirtschaftlichen Fächern der Nationalökonomie und der Handelswissenschast und außer der Rechtswissenschaft, romanische und englische Philologie vertreten gewesen. Wie kamen sie an eine Sozial- und Handelsakademie? Das war wohl in gewissem Sinne von Anfang mehr oder minder zufällig. Aber dieser Zufall hat der Akademie einen ihrer besten Männer, Heinrich Mors, zugeführt, der sie — bewußt oder unbewußt — ein gut Stück in der Richtung der Universität hin geleitet hat. Bald erlangte sie für Studierende der französischen und dann auch der englischen Sprache die Anrechnung zweier Semester, die bald wieder den benachbarten Fächern der Geschichte, Philologie, der deutschen Sprache und Literatur zugute kam. Inzwischen nämlich hatten auch diese Fächer an der Akademie Förderung und Pflege gefunden, und damit war deren Lehrbetrieb in der allerbedeutsamsten Weise erweitert worden. Die Carl Christian Jügelsche Stiftung wurde ihnen durch eine letztwillig eingesetzte Kommission unter staatlicher Genehmigung als allgemeine öffentliche akademische Unterrichtsanstalt gcwid- inet. Eine Reihe neuer, wichtiger Lehrstühle ging aus ihr hervor. Die Anstalt selbst wurde mit der Akademie in enge Verwaltungsgemeinschaft gesetzt. Aus den Mitteln dieser Stiftung erstand den Geisteswissenschaftcn in dem uns von auswärts oft geneideten Gebäude an der Jordan- straße ein in praktischem Gebrauche reich bewährtes und zugleich behagliches Heim. Eine wachsende Zahl von Studierenden und wiederholt abgehaltene Fortbildungskurse für Lehrer aus den verschiedensten Teilen Deutschlands machten die Lehrtätigkeit der Philologen — und gleiches gilt von den Historikern an der Akademie — ergiebig und befriedigend.
Daß an einer Anstalt, die neben anderen Aufgaben'denen einer.Handelshochschule diente, die W i r t s ch a.f t s Wissenschaften stark aufblühten, und zwar Privat- und Volkswirtschaft, konnte nicht Wunder nehmen. Die reiche Besetzung mit Lehrkräften, die ihnen zuteil wurde, war der Ausdruck des ihnen entgegengebrachten Interesses. Aber auch die Rechtswissenschaft erfreute sich stetigen Aufschwunges. Hier wurde es zu einer des zwanzigsten Jahrhundertes würdigen Aufgabe, Verwaltungs- und Justizbcamte mit dem Leben draußen und mit den Wirtschaftswissenschaften in Fühlung zu bringen und zu halten. Zu diesem Zwecke wurden sie schon 1902 — zum ersten Mal in Deutschland systematisch und in großeni Stil — in Banken geführt, nicht nur zu flüchtigem Besuche, sondern zu längerer gründlicher Arbeit. Wie mancher Beamte mag Achtung und Verständnis für das Wirken des Kaufmannes überhaupt und des Bankiers im besonderen aus diesen Zeiten in seine Amtstätigkeit hinübergenommen haben!
Auch unmittelbare nationale Bedeutung durften aber die von den Regierungen aller Einzelstaaten beschickten Kurse für höhere Verwaltungsbeamte in Anspruch nehmen, in denen gar mancher Süddeutsche die Eigenart des preußischen Landrates, so mancher Preuße die des süddeutschen Verwaltungsbeamten schätzen lernte. Im Lehrbetrieb endlich waren wir bemüht, für unsere angeblich so spröde Rechtswissenschaft durch dauernde Fühlung mit unseren Hörern mittels Rede und Gegenrede in der Vorlesung selbst, mittels Besprechungen, mittels ständiger Verwertung des Vorgetragenen an praktischen Fällen und Beispielen, mittels Besichtigungen usw. Lust und Liebe zu wecken.
So haben wir Professoren ein den alten Universitäten in vielem fremdes, aber ein reiches Betätigungsfeld an unserer' Akademie gefunden, und an Befriedigung hat es uns nicht gefehlt. Das Beste aber hat man uns nicht geben können: die eigenen Schüler, junge Leute', die wir erst in jahrelangem Unterrichte zu Akademikern erziehen konnten, deren Wissenschaft- z ltche Untersuchungen wir als Doktorarbeiten von FiÄnkfsiA " zur Ehre unserer Anstaft' in hie Welt senden konnten, statt sie an die Universitäten abgeben zu inüssen. Ist nun auch das erreicht, so danken wir es unserem Altoberbürgermeister, der amtlicher schwerer Ueberlastung, einer Welt von Gegnern außen und innen und schließlich selbst seines Leidens Herr geworden ist, um uns zu ungehemmter Ent-, faltung unserer wissenschaftlichen Kräfte zu verhelfen.
So stehen wir jetzt, wo kühnste Hoffnung uns noch vor. kurzer Zeit nicht hinzustellen wagte, am offenen Tore der Universität. Treten wir in schwerer und großer Zeit in dies Tor ein zu Ehren unserer Stadt, zum Segen unseres Landes.
IleMrischasts-«. ZoMwissenWWche IakuM und die gleichen Awesten dienenden Iranksurter sozialen Znstitule.
Von Dr. Wilhelm Mcrton.
Die neue Fakultät, die das Erbe der Akademie auf-dem, Gebiete der Sozial- und H a n d el s w i s s e n =■ schäften einschließlich des Handelshochschulunterrichts, ontritt — die erste und hoffentlich nicht die letzte ihrer'Art an deutschen Universitäten — entsteht zu einer Zeit, die nicht nur in den kriegführenden, sondern auch in den meisten ' neutralen Staaken in vielen Beziehungen Zustände geschaffen hat, die vieles auf den Kopf stellen, das seit Eintritt der modernen Volks- und weltwirtschaftlichen Entwicklung zur Gewohnheit und Ueberzeugung geworden war.
GKLööer 18 14
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Wir nehmen wahr, daß alle Staaten, selbst die neutralen,
durch die ungeheuren Störungen in ihrer Ein- und Ausfuhr in eine mehr oder minder große, aber in allen Fällen höchst nachteilige Isolierung geraten sind, und daß selbst überseeische Staaten, vorab die Vereinigten Staaten, schwer darunter leiden, daß sie wichtige Produktionen mangels Absatzes cinschränken niüssen. Wir erleben, daß der internationale Wechselvcrkchr und die bisher für den internationalen Zahlungsausgleich maßgebende Londoner Devise so gut wie ausgeschaltet sind. Eingestellt ist der Börsenverkehr im Jn- und Ausland, gestrichen sind die Kurse. Nicht nur infolge dieser internationalen Stockungen, sondern auch nach Ueber- windung^ der großen Verkehrs-, Geld- und Kreditstörungcn und -stockungcn im Innern, die durch die massenhaften Einberufungen hervorgerufcn waren, zeigen sich dann bei uns eine weitgehende Einschränkung der Betriebe und eine starke Arbeitslosigkeit, die aber sicher noch weit übertroffen werden in Frankreich und in Rußland und vielleicht sogar in England. Wir sehen, daß die Betricbs- einschränkungen von der Kohle aufwärts ein Anschwellen der Selbstkosten und damit eine weitgehende Verteuerung nach sich ziehen, und wie im Gegensatz hierzu für die industriellen und kaufmännischen Betriebe, die für die Volksernährung und die Deckung des Kriegsbedarfs Rohstoffe und Fabrikate liefern, eine Zeit allerstärkster und lukrativer Beschäftigung eintritt, allerdings auch hier mit der Folge starker Preissteigerung. Wir erleben ferner die erstaunlichen Leistungen der Reichsbank und die glänzenden Erfolge der Kriegsanleihe, noch während der Krieg tobt, und bringen es fertig, zum Unterschied von sämtlichen feindlichen und vielen neutralen Staaten ohne Moratorium durchzukommen. Gleichzeitig aber mit einem so radikal veränderten weit- und volkswirtschaftlichen Zustand eine innerpolitische und soziale Entwicklung, gekennzeichnet durch das Zurücktreten aller Parteiinteressen, durch die gemeinsame Arbeit von Institutionen und Menschen, die sich früher bekämpften, und noch so manches andere, das jetzt zusammenwirkt, während es früher mangels gegenseitigen Verständnisses oder aus Gewohnheit auseinander oder gegeneinander lief. Ist doch z. B. hier in Frankfurt ein früher von vielen vergeblich angestrebtes Zusammenarbeiten der städtischen und privaten Fürsorge und Armenpflege in der Zentrale für Kriegsfürsorge und deren Bezirksstellen zustandegekommen, das sehr wohl die Grundlage für dauernde gemeinsame Arbeit liefern mag. Viel wichtiger an sich und bedeutungsvoller ftir die Zukunft sind aber natürlich die neugeschaffene Reichszentrale für Arbeitsnachweis, ihr Verkehr mit den bestehenden Arbeitsnachweisen und Gewerkschaften und das Zusammenarbeiten dieser.
In der Kriegsfürsorge selbst aber drängt sich auf Schritt und Tritt unter vielen neuen Wahrnehmungen in Bezug auf das Rote Kreuz, den Vaterländischen Frauenverein, den freiwilligen Sanitätsdienst und die Familienhilfe so manche foziale Sorge aus früherer Zeit an uns heran. Vor allem zeigt sich der ungesunde Zustand des Wohnungswesens, wie er sich in der modernen Zeit mit dem Anwachsen der Bevölkerung in fast allen Großstädten des In- und Auslandes rntwickelt hat, noch viel stärker als gewöhnlich, weil der Kriegszustand so viele Menschen der öffentlichen und privaten Fürsorge zuführt und daher ihr persönliches Schicksal offenbart.
Wahrlich, wenn sich auch manche neue Erscheinungen nur als vorübergehende erweisen werden, schon genug Stoff zum Studium, der sicherlich im weiteren Verlauf des Kriegs und durch die unausbleiblichen Verschiebungen der staatlichen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse noch große Bereicherung erfahren wird und - aus dem die Sozial- und Wirtschaftslehre vielleicht in noch höherem Grad als andere Wissenschaften neue Vefmchtung empfangen wird, so daß die Eröffnung der neuen und neuartigen Fakultät in eine Zeit fällt, die neue große Perspektiven für Forschung und Lehre eröffnet.
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist aber noch ein anderes. Die Handelswissenschaften werden hier zum erstenmal an einer Universität zu einem ergänzenden Teil : der Sozial-, Staats- und Volkswirtschaftslehre, Ihre Pflege ! ist sicher geeignet, einen -großen Teil der Schwierigkeiten, die in der Verschiedenheit der Veranlagung, der praktischen und wissenschaftlichen Ausbildung sowie der Berufsanforderungen liegen, zu überwinden und eine Fühlung zwischen Theorie und Praxis herzustellen, die bisher nicht oder nur höchst unvollkommen vorhanden war.
Eine Reihe von Lehrgegenständen der Handel-Wissenschaften erfordem nämlich ein tieferes Eindringen in das Wirtschaftsleben, vor allem in das Getriebe von Großhandel und -industrie sowie des Welthandels. Vorab eine gründliche Schulung in der kritischen Bearbeitung von Jahresberichten und Bilanzen, mangels deren auch nationalökonomische Arbeiten auf diesen und verwandten Gebieten Mängel zeigen müssen. Und dann das Studium des Selbstkostenwesens industrieller Betriebe, das hineinführt in vieles, das für den wirtschaftlichen und technischen Erfolg ausschlaggebend ist, wie die richtige Verteilung der Arbeit, das Verhältnis von Leistungen zu Löhnen und. seiner weitgehenden Abhängigkeit vom Arbeiter selbst, dessen Arbeits-Lust, -Kraft und Geschicklichkeit wiederum von den Verhältnissen, unter denen er ausgewachsen ist, lebt und arbeitet, bedingt sind. Ferner Handelsgeographie, insofern sie Produftion und Produktionsverhältnisse, Ein- und Ausfuhr der wichtigsten Waren und Länder betrifft. Weiterhin das Lesen der besten Handelspresse unter Anleitung. Endlich die Einfühmng in das Wesen des Handels, Ein- und Verkauf, Verftachtung, Versichemng usw., wie auch in den Geschäftsbetrieb und die Bureauorganisation großer kaufmännischer und industrieller Unternehmungen, welch letztere bekanntlich in vielen Beziehungen auch für staatliche und kommunale Behörden und Betriebe nachahmenswert ist.
Je mehr die Handelswissenschaften zum Rüstzeug der So-
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zial-, Staats- und Wirtschaftslehre werden, desto stärker und fruchtbarer wird sich auch die bisher von der Akademie für Sozial- und Handelswissenschastcn in großem Umfang planmäßig betriebene Fortbildung vorgeschrittener und bereits 4m Leben tätiger Personen, feien cs Verwaltungsbeamte, Ingenieure, Juristen oder Kaufleutc, in der neuen Fakultät weiter entwickeln können.
Für diese und nicht minder für die eigentlichen Handelst? Hochschüler oder solche, die später Nationalökonomie und Verwaltunastehre als Wissenschaft betreiben oder als Sekrei- tärc von Handels- und sonstigen Gewerbekammern, von Av- beitgeber- oder Arbeiterorganisationen wirken werden, bietot Frankfurt noch die folgenden besonderen Vorteile: rlf
Eine Reihe sozialer und sozialwirtschaftlicher, vom Juist! tut für Gemeinwohl geschaffener und unter feinest Fittichen arbeitender Unternehmungen leisten nämlich auf wichtigen Gebieten des Sozial- und Wirtschaftslebens praktische Arbeit in steter Fühlung mit den in Betracht kommem dcn Gewerben und den Vorgängen und Bedürfnissen inneO- hatb der Volksschichten, denen ihre Arbeit gilt. Ihre Leitustg ruht in Händen, die das in der Praxis Gewonnene dubH Vorlesungen und Vorträge an der Universität und durch Veranstaltung von besonderen Kursen und Veröffentlichungen wissenschaftlich verwerten. Ihre Bureaus, Bibliotheken uW Archive dienen zugleich als Arbeitsstätten für prattische uitst wissenschaftliche Ausbildung. Aus einer solchen Tätigkeit-ist der Lehrstuhl für Armenwesen und soziale Fürsorge, der erste an einer deutschen Universität, hier entstanden, wie auch die mehrere Jahre hindurch betriebene Sammelvormundschaft zur Begründung des Archivs deutscher Berufsvormünder, Frankfurt a. M., geführt hat, dessen umfassende Tätigkeit und Veröffentlichungen auch wissenschaftlichen Zwecken dienen.
Die Zentrale für private Fürsorge leistet praktische Arbeit in ihren Abteilungen für Armenpflege, ihrer Beratung von Eltern, Vormündern, Pflegeeltern, in der Erziehung und Unterbringung von gefährdeten und besonders erziehungsbedürftigen Kindern, in ihrer Mitwirkung beim Jugendgericht, ihrer Ermittlungstätigkeit und Schutzaufsicht für gefährdete und verwahrloste Kinder im Auftrag der Vormundschaftsgerichte, ferner in ihrer Fürsorge für entlassene Hilssschüler, ihrer Tätigkeit in der Jugendpflege, endlich in ihrer Verwaltung von Rekonvaleszenten-, Lungenheil- und Walderholungsstätten.
Das Soziale Museum hat die Aufgabe, die freie gemeinnützige und Selbsthilfearbeit zu fördern. Es betreibt die von ihm gemeinsam mit der Stadt geführte Rechtauskunftsstelle und widmet sich u. a. der Beratung auf dem Gebiet der Reichsversicherungsordnung, Kranken-, Unfall-, Invaliden-, Hinterbliebenen- und Angestelltenversichemng, der Gewerbeordnung, des Genossenschaftswesens, wie auch der Bauberatung.
Das Institut für Gewerbehygiene arbeitet technisch und medizinisch in Anlehnung an die Industrie, und das von ihm unter Mitwirkung hervorragender Fachleute herausgegebene Zcntralblatt für Gewerbehygiene gewährt laufenden Einblick in diese Fragen.
Die Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung befaßt sich in ihrer Frankfurter Geschäftsstelle mit der Leitung ihres gemeinsam mit der Universität in deren Gebäude unterhaltenen Wirtschaftsarchivs, das reiches Material aus dem Geschäfts- lcben enthält und fortgesetzt daraus ergänzt wird. Sie befaßt sich außerdem mit der Veranstaltung der Fortbildungsund Vortragskurse, die von ihr gemeinsam mit der Universität, der Stadt und dem Institut für Gemeinwohl regelmäßig noch fernerhin veranstaltet werden.
Endlich sei noch der Gesellschaft für Wohlfahrtseinrichtungen deswegen gedacht, weil sie einen Großbetrieb für Volksernährung in Frankfurt unterhält und Studierenden gern Einblick in ihre Bücher und Betriebe gewährt.
So lassen denn die außerordentlichen Zeitverhältnisse, unter denen die neue Fakultät ins Leben tritt, und die besonderen Aufgaben, für deren Erfüllung ihre Vorgängerin bereits in weitgehendem Matze vorgearbeitet hat, sowie das Vorhandensein der genannten Institute, deren Tätigkeit für die neue Fakultät noch über den Rahmen von Kliniken für die medizinische oder Laboratorien für die technische Ausbildung hinausgeht, eine höchst nutzbringende Wirksamkeit der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät erhoffen.
Die Dlmversttät
und das IrankfurLer Schulwesen.
Von Stadtrat Dr. Julius Ziehen.
Wenn die junge Schöpfung der Frankfurter Stiftungsuni- vcrsität Umschau hält auf dem Boden, auf dem sie durch die Opferwilligkeit großzügigen Bürgersinnes errichtet ist, so muß ihr Blick auch an dem Schulwesen haften, an dessen Spitze sic — der üblichen Rangordnung der Unterrichtsanstalten entsprechend — nunmehr treten soll. Wird sie nur äußerlich an seine Spitze treten, oder wird sie auch innere Fühlung mit ihm suchen und wird sie Anlaß haben, dieser Fühlung floh zu sein? — Die Geschichte des Bildungswesens, soweit wir eine solche besitzen, liebt es, das Universitäts- und das Schulwesen in getrennten Kapiteln zu behandeln, und sie macht damit nicht nur aus der Not eine Tugend, sondern bringt auch folgerichtig zum Ausdruck, wie cs in der Wirklichkeit mit den beiden steht: ein jahrzehntelanger höchst unberechtigter und sehr nachteiliger Mangel an Fühlung beginnt erst neuerdings wieder einem besseren Verstehen und einem planmäßigen Zusammenarbeiten Platz zu machen, und der Gedanke, daß unser Bildungswesen von der Volksschule bis hinauf zur Hochschule einen einheitlichen Organismus bildet, hat noch nicht allzu viele Vorkämpfer und derer, die ihn verwirklichen, erst recht nicht viele.
schaft lebenden idealen Interessen bedarf es keines Beweises in dem Augenblick, da alle die einzelnen Bäche, die bisher dieses Gebiet Befruchtet haben, sich in der Universität zu einem mächtigen Sttom vereinen wollen. Für den Schmuck des täglichen Lebens aber ist in Frankfurt die materielle Unterlage bekanntlich in seltenem Maße vorhanden. Man braucht dabet nicht nur an den Wohlstand unserer Mitbürger zu denken, der sich nicht auf die oberen Zehntausend beschränkt, sondern noch weit in den Kreis der mittleren Bürgerschaft, Kleinkaufleute und Handwerker hineingreift. Wichtiger fast ist es, daß viele dieser Vermögen nicht neu erworben sind, sondern auf Geschlechterreihen zurückweisen, so daß die Gewohnheit des Besitzes eine Stetigkeit und Gediegenheit des Geschmacks herbeigeführt hat.
Auf diesen günstigen Voraussetzungen und auf der soliden Grundlage, welche die Aufnahme unter die Zweigvereine und in das Haus der alten „Polytechnischen Gesellschaft" ge- 'währte, begann der Kunstgewerbe-Verein alsbald seine Tätigkeit. Für seine Maßnahmen dienten ihm als Vorbild die Vereine von Berlin und Wien. So wie diese rüstete er sich für seine Doppelaufgabe: Geschmacksbildung des Publikums und künstlerische Erziehung des Handwerks, durch die Gründung eines Museums und die Eröffnung einer S ch u l e; beides zunächst in kleinen Anfängen, aber mit den Keimen zu weiterer Entwicklung. Diese erwiesen sich als so gesund, daß die abgelaufenen 3? Jahre in den Grundsätzen kaum eme Aenderung brachten. In welchem Maßstab sich der Umfang der-Vereinstätigkeit entfaltete, geht am deutlichsten aus den Zahlen des Jahreshaushalts hervor, der im Gründungsjahr sich auf 34 000 Mark bezifferte, heute 184 000 Mark erfordert.
Die. in den siebziger Jahren in Deutschland und Oesterreich gegründeten Kunstgewerbe-Museen waren mit wenigen Ausnahmen in feste Verbindung mit Kunstgewerbeschulen gebracht. Diesen sollten sie Studienmaterial bieten in geschmacklicher und technischer Hinsicht. Daß sie in letzterer Beziehung dem deutschen Kunstgewerbe reichen Nutzen gebracht, ja sogar manche halbvergessene Technik wieder belebt haben, wird kaum bestritten werden. Die gesunde Handwerks - Ueber- lieferung des Schnitzmeffers, des Schmiedehammers, die Werkstatt-Feinheiten der alten Glasmalerei und Goldschmiede- kunst haben das lebende Kunsthandwerk in segensreicher Weise fruchtet..
Wenn die anders, kSeiie>,---die Vochildftchkeii -drp Fprm^ die falsche. Auffassung erzeugte, als- ob in-deren MrcucxNach-^
ahmung das Heil des heutigen Kunstgcwerbes beruhe, so haben wir heute das Recht, dies Mißverständnis zu be- klagen, können es aber wohl erklärend damtt entschuldigen, daß die Jahrzehnte unseres wirtschaftlichen Aufschwunges uns vor Aufgaben gestellt hatten, denen die Geschmacks-' bildung unseres Kunstgewerbes noch nicht entgegengewachsen war.
Auch das Frankfurter Museum folgte in seinen ersten, sehr bescheidenen Anfängen der oben bezeichneten Richtung und konnte durch Geschenke, Leihgaben und Einzelzuwendungen bei besonderen Kaufgelegenheiten allmählich eine Sammlung aufbringen, die wesentlich Studienzwecken der einheimischen Kunsthandwerker und der Kunstgewerbeschüler diente. Die Einwirkung auf das Publikum erstrebte man daneben in einer ständigen, häufig wechselnden Ausstellung von kunstgewerblichen Erzeugnissen der Gegenwart, Wettbewerben nach gestellten Aufgaben für die verschiedenen Gebiete des Kunstgewerbes, Verlosungen der preisgekrönten Arbeiten'und Aehnlichem. Aus dem Erlös der letzteren flössen dem Museum Einnahmen zu, die bald einen planmäßigen Ausbau ermöglichten. Einen kräftigen Antrieb erhielt dieser aber erst mit der sich allmählich bessernden Finanzlage des Vereins, welche Vermächtnissen, Geschenken, der erhöhten Unterstützung der Polytechnischen Gesellschaft und einer Einkaufs - Ueberweisung der Stadt von 10 000 Mark zu verdanken war. Zwei Ereignisse bezeichnen dann einen Wendepunkt in der Entwicklung unseres Museums: die Anstellung eines eigenen Museumsdirektors und die Erwerbung der Wilhelm Metzlerschen Sammlung. In der Person des Dr. H. v. Trenkwald trat an die Spitze des Museums ein Mann, der in seiner früheren Direktorialtätigkeit im Troppauer Museum sich in die neuere Auffassung der den öffentlichen Sammlungen zu stellenden Aufgaben völlig ein- gelebt hatte. So konnte er nach einem umfassenden Ausbau der Museumsräume durch die Polytechnische Gesellschaft eine Neuordnung durchführen, die heute das Frankfurter Museum nach allgemeinem Urteil den besten seiner Art gleichstellt und ihm die Vorliebe der Bürgerschaft zugewendet hat. Zu ihrer Erhaltung trägt eine stete Folge von Sonderausstellungen nicht wenig bei, die, den künstlerischen Tagesereignissen folgend, das Interesse des Publikums — und gewiß nicht zuletzt auch das unserer akademischen Jugend -- an die aktuellsten Fragew unseres.-ÄuMlebens zu,-fesselst wissen.
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Aufnahme unter die Institute der Polytechnischen Gesellschaft seine Kunstgewerbeschule mit einer Vorschule und drei Tagesklassen eröffnen konnte, verdankte er außer der namhaften Untersttitzung der genannten Gesellschaft der A. S. vonRothschild sch:n Stiftung zur Förderung des Kunstgewerbes und einem Staatsbeitrag von anfangs 5000 Mk., der später bis auf 24 000 Mk. erhöht wurde.
Von dem allmählichen Ausbau der Schule wird man nicht berichten können, ohne der Tätigkeit des jüngst verstorbenen früheren Stadttats Dr. M a 11 i zu gedenken, für den diese Entwicklung ein großer Teil seines arbeitsreichen Lebenswerks war. ^
Im Kunstunterricht ist in den letzten Jahrzehnten allerorts erstaunlich viel experimentiert worden. Der Wunsch, aus diesen Schulen führende Künstler hervorgehen zu sehen, hat übersehen lassen, daß es zunächst nottut, zur Hebung der Durchschnittsleistung tüchtige, künstlerisch beeinflußbare Arbeiter für Werkstatt und Zeichensaal zu erziehen, und daß die ganz Wenigen, die wir heute als Führende im Kunstgewerbe nennen, diesen Rang nicht einer bestimmten Schule oder Lehrmethode verdanken. Aus solchen Erwägungen heraus hat die hiesige Kunstgewerbeschule immer in erster Linie angestrebt, in unmittelbarer Fühlung mit dem schaffenden Kunsthandwerk die für dieses brauchbaren Kräfte zu schulen.
Die erste Vorbildung für ihre sieben Tagessachklassen behält sich die Schule selbst vor. Die Vorschule hat ihren Unterricht in die Abendstunden gelegt mit Rücksicht auf die tagsüber in den Werkstätten beschäftigten Kunsthandwerker. Rach dreijähriger Vorbereitung und gleichzeitig bestandener Lehrzeit können diese Aufnahme in die Tagesklassen zu weiterer künstlerischer Ausbildung finden.
Es bestehen Klassen für tektonische Gewerbe (Innenarchitekten, Schreiner, Schlosser und ähnl.), für Maler, Bildhauer, Ziseleure und Metallarbeiter, für Holzbildhauer, ferner dir Klasse für Graphik und Flächenkunst und für Buchgewerbe. Eine Gipsformerei und eine Bronzegießerei unter der Leitung bewährter Fachleute gibt den Schülern Gelegenheit, sich auch auf diesen Gebieten praktisch zu üben. Für das Naturstudium besteht neben dem Aktunterricht ein Studiengarten. Studienreisen einzelner Klassen, die von dem Lehrer geleitet werden, erweitern den Gesichtskreis der Schüler. Für Unbemittelte wird durch verschiedene Stipendienstiftungen gesorgt.
Der Schule astgegliedert ist die öffentliche, dem Publikum täglich zugängliche K u n st g c ist Crb e - B i b l i o t h e k, die
mit ihrem reichen Bestand an Büchern und Tafelwerkcn (16 080 Bücher und Mappen), und einer Einzelblait- Sammlung von rund 160 000 Blättern sich den hiesigen öffentlichen Bibliotheken als würdiges Glied anreiht und sicher auch den Studierenden der Universität vielfach von Nutzen sein wird.
Frankfurt war von alters her niemals ein Hauptsitz gewerblicher Produktion. Was sich hierin während der letzten Jahrzehnte in erfreulicher Weise geändert hat, bewegt sich nicht auf dem Gebiete des Kunstgewerbcs. Wenn sich daher zahlenmäßig die Größe des Einflusses, den der Kunstgewerbe- Verein ausübt, nicht mit den Verhältnissen in den großen Industriezentren des Niederrheins oder Sachsens messen kann, so darf man doch aussprechen, daß die nicht zahlreichen, aber in ihren Qualitätsleistungen an beachtenswerter Stelle in Deutschland stehenden hiesigen Vertreter des Kunstgewerbes in dem genannten Verein, seiner Schule und seinem Museum den Vereinigungspunkt für ihr künstlerisches Wollen sehen, und damit in ihm einen wichtigen Faktor in dem Kunst- und Geistesleben Frankfurts erkennen.
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es Kistsrisches Museum und Stadtarchiv.
Von Prof. Dr. B. Müller.
Zcrade in diesen Tagen, da wir von unseren Feinden als arische Zerstörer wertvoller Kunstdenkmäler hingestellt )en, bereitet es befonbere Freude, an dem Beispiel rer' Stadt zu zeigen, welche Sorgfalt man in Deutsch- selbst den Zeugnissen und Denkwürdigkeiten der Ver- zenheit widmet, die nur zum Teil durch künstlerische Mheit das Auge zu fesseln vermögen, und die zum an- n Teil lediglich ein wissenschaftliches: ein archäologrsches historisches Interesse bieten. Für unser Städtisches sto risch es Museum ist es auch nicht ohne Jnter- darauf hinzuweiscn, daß es gerade in der kriegerischen für Frankfurt besonders schweren Zeit zwischen 1866 1871 recht eigentlich erstand. , ,. .
Zeither hat es sich in ungeahnter Werse entwickelt. Die die Sammlungen eigens erbauten Räume waren bald zu Das anstoßende alte Leinwandhaus, selbst ein hervor- udcs Baudenkmal der Zeit um 1400, wurde hinzugc-