Kokalnachrichten.

' Ein Siebzigjähriger.

Am ersten Wcihnachtsfeiertag feiert der Geheime Sanität Kr at Dr. med. Jakob Hermann Bockenheimer seinen 70. Geburtstag. Geboren am 25. Dezember 1837 als Sohn des Lehrers an der Dom­schule Joh. Phil. Bockenheimer besuchte er zuerst diese, dann das Städtische Ghmnastum, widmete sich dann dem Studium der Heilkunde und ließ sich im Jahre 1864 als Arzt in seiner Vaterstadt nieder. Bald lenkte der junge Arzt die Aufmerksamkeit weitester Kreise ans sich durch die Erfolge, die er auf dem Gebiete der Chinrgie erzielte. Für Frankfurt war er bahnbrechend auf der durch die Einführung der antiicptischen Methode zu höchster Bedeutung kommenden neueren Chirurgie. Die Schnelligkeit, mit der er die Diagnose jeder Krankheit stellte, die Sicherheit und Unerschrockenheit, mit der er vorher für unmöglich gehaltene Operationen aussührte, verschafften ihm bald einen großen Ruf. Im Jahre 1866 war er hervorragend in den Frankfurter Lazaretten tätig, die mit den Opfern des sPainscldzuges gefüllt waren. Im gleichen Jahre gründete er die nach ihni benannte Klinik, die erst in der Elisabcthenstraße 5, dann Offenbacker Fuß­weg (jetzt Gerbcrmühlstraße) 18, in recht bescheidenen Räumen uiilergebracht war und sich zunächst ans ambulatorische Be­handlung beschränkte, bis im Jahre 1870 im Hause Mühl­bruchstraße 18 ein ständiges Krankenhaus errichtet wurde, das zunächst Platz für zwölf im deutsch-französischen Krieg schwerverwundete Oisiziere bot und in welchem u. a. die Heilung schwerer Knochcnschüsse ohne Amputation der ver­letzten Glieder vollzogen wurde. Im Jahre 1880 wurde im Hause Gutzkowstraßc 53 das klinische Krankenhaus er­richtet, welches durch Anbauten zu der großen Anstalt aus­gedehnt wurde, wie sie heute in die Erscheinung tritt, und in welcher Geheimrat Bockenheimer ununterbrochen als Chefarzt seines Amtes waltet. Unter recht schwierigen äußeren Umständen hat er dieses Institut in die Höhe ge­bracht. Seme große Volkstümlichkeit hat sich Dr. Bocken­heimer durch die Art und Weise, wie er seinen Beruf auf­faßte und wie er ihn erfüllte, erworben. Seine ambula­torische Klinik stand jedermann, ob Reich', ob Arnt, unentgeltlich offen, niemals ist in ihr in irgend i einer Weise ein Honorar beansprucht worden. Sie , bot aber durch die unerschöpfliche Zahl der in ihr , behandelten Fälle den zahlreichen um Dr. Bockeu» s heimcr gescharten jungen Äcrzten und Assistenzchirurgcn i eine reiche Quelle praktischen Studiums, das durch bie kurz , angebundene Art des Meisters, die sich aber stets in joviale Formen kleidete, in höchstem Grade anregend war. Dr. Bocken­heimer war nie Freund vieler Worte in seinem Beruf, und Feind jeden unnötigen Zeitverlustes, und manch köstliches Scherzwort knüpft sich an diese seine Eigenart, aber in ernsten kritischen Fällen saß er manche Nacht am Lager seiner Patienten. Rastlos tätig von früh bis spät, lebt er ganz seinein Beruf, geht ganz in ihm auf, und mit erstaunlicher Rüstigkeit waltet er seines Amtes mrd findet seine höchste Befriedigung darin. Hochgeachtet und geehrt von seinen Mitbürgern, ein treuer Sohn seiner Vaterstadt, vollendet er sein 70. Lebensjahr, möge ihni ein heiterer Lebensabend in gleicher Frische beschicken sein imd er sich noch lange der Früchte seiner rcichgescgncten Tätigkeit erfreuen.