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das mit Wohlgeschmack zugleich auch hohen Nährgehalt verbindet — nach den in amerikanischen wissenschaftlichen Laboratorien durchgesührten Untersuchungen kommt die Auster dein Gehalte an Nährstoffen nach der Milch gleich —, so daß c? uns durchaus nicht zu verwundern braucht, wenn alljährlich riesige Mengen dieses Schalentieres in den nienschlichen Konsum gelangen. Die Zahl der Pro Jahr aus der ganzen Welt verzehrten Austern beträgt wohl an die 10 Milliarden, wovon allein auf London V 2 Milliarde und auf Paris 200 Millionen Stück treffen. Auch in Berliil ist der Austernvcrbrauch ein großer. Werden doch in manchem Restaurant zu gewissen Zeiten bis zu 15,000 Stück an einem Tage verzehrt, so daß der jährliche Konsum der Reichshauptstadt sicherlich auf 5 Mill. Austern geschätzt Iverdcn darf. Und jetzt auf einmal die Auster als Ber- breiterin des gefürchteten Typhus! Obwohl nun in dem vorliegenden Falle die eingehende Untersuchung ergab, daß die Auster an sich nicht als Sündenbock in Betracht kommen konnte, sondern daß vielmehr die verhängnisvollen Schalentiere aus Austernparks stammten, welche durch die Einleitung städtischer Abwässer und Fäkalien aufs höchste verunreinigt waren und dadurch die Tiere mit Typhusbazillen infizierten, obwohl ferner die weitgehendsten Maßnahmen getrvffen wurden, um eine Wiederkehr solcher Dinge auszuschließen, scheint sich das Publikum doch noch nicht genügend beruhigt zu haben. Denn in Belgien ist nunmehr der Auster der Krieg aufs neue erklärt worden. Nach der „Deutschen Fischereizeitung" veröffentlichte der Minister Hellcputte eine Erklärung, in der er an die Tatsache erinnert, daß im vorigen Jahre nach ärztlicher Beglaubigung durch den Genuß von Austern Menschen erkrankten, und in der er vor dem Austernkonsum warnt. Und zwar, ist diesmal das corpus delicti die „Ostender Auster", die in Belgien ein beliebtes nnd billiges Bvlks- nahrungsmittel darstellt, das sich gelegentlich auch einmal der besser gestellte Arbeiter leistet nnd das in den Familien des Mittelstandes zu den beliebtesten Gerichten zählt. Es ist leicht erklärlich, daß durch den ministeriellen Erlaß die Bevölkerung scheu gemacht wurde und die Besitzer der Ostender Austernparks mit ihren Vorräten in nicht geringe Verlegenheit gebracht wurden. Deshalb arbeitet eine aus Händlern und Wirten bestehende Liga „für die Austcr" nnd zwar in sehr sinnfälliger Weise. Man hat anläßlich des 25jährigen Jubiläums der Brüsseler Fischhallcn eine öffentliche Kostprobe veranstaltet, bei welcher jedermann so viel Austern >atis essen konnte als er mochte, um dadurch zu beweisen, daß die verleumdetet Cchalcntiere durchaus harmlos seien. Das teure Experiment scheint vollkommen geglückt und die Auster ist in den Auge» des Volkes so ziemlich wieder rehabilitiert. Nus Deutsche interessiert die Sache umsomehr, als gerade die sogenannte „Ostender Auster" — sie ist nicht in Belgien heimisch, sondern eine englische Importe, welche in den großartig angelegten Ostender AustcrnparkS gemästet und für den Kontinentmarkt bereit gehalten wird — in Deutschland vorwiegend in den Handel nnd in den Konsum gelangt. Von dem Export der „Ostender Auster" nach Deutschland und den übrigen Ländern des europäischen Kontinents leben in Belgien Tausende von Menschen. ob.
Kleinere Mitteilungen.
0. K. Ein altäghptischcr Berbrechersriedhof. Ueber die jüngsten Erfolge der britischen Ausgrabungen in Nubien hat der Präsident des ägyptischen Äusgra- bungsfonds F. A. Hilton in London jetzt ausführlich
Bericht erstattet. Zwischen dem Nildamm und der Insel El Hessa sind in einer Ausdehnung von zwei Meilen nicht weniger als elf altägyptischc Friedhöfe aufgefunden worden, deren ältester in prähistorische Zeiten ,311- rückreicht. Besonders interessant waren darunter eine Anzahl von Gräberkomplexen, die ausschließlich der Bestattung von Sklaven und Verbrechern gedient haben. Unter den aufgefundcnen menschlichen Resten befinden sich eine größere Anzahl, die noch die Schlinge uni den Racken tragen, an der sie zur Richtstätte geführt wurden. Andere wurden enthauptet, und cs fanden tick, auch Körper, bei denen man beobachten konnte, daß der Schädel eingeschlagen war, daß sie Speerwunden im Rücken zeigten. Auch ein Kirchhof fremder christlicher Möncke wurde ausgefuuden.
— Der SU. Balneologenkongreß wird Anfang März 1900 unter dem Vorsitz von Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Brieger in Berlin tagen. Anmeldungen von Vorträgen und Anträgen sind zu richten an den Generalsekretär der Balneologischen Gesellschaft, Geh. Sanitätsrat Dr. Brock, Berlin XW., Thomastus- straße 24.
* Jubiläum der C«,rnedio Franfaise. Entgegen früherer Ansicht, die als Gründungstag der Comedie Franchise den 21. Oktober 1680 annahm, den Tag, an dem durch eine Kabinettsorder Ludwigs XIV. die beiden Komödientruppen im Hotel de Bourgogne und im Hotel de Gnenegaud zu einer Truppe vereinigt wurden, ist man jetzt zu dem Resultat gekommen, daß der 2. September 1658 der eigentliche Gründungstag der C'omcdie Frangaise ist. An diesem Tage haben Möllere und seine Truppe nach zehnjähriger Wanderung durch die Provinz zum ersten Male im Petit Bourbon in Paris gespielt. Tie Comedie Franeaise konnte also vor kurzem ihr 250jähriges Jubiläum feiern.
* „Technisches Magazin" nennt sich eine neue Monatsschrift, die für Deutschland das werden will, was „Scientific American“ nnd „Engineering Magaziue“ für Amerika und England sind, ein zwischen der techni» scheu Fachpresse und der belletristischen Presse stehendes Organ für Techniker und Laien, in gleicher Weise der Unterhaltung wie der Belehrung gewidmet. Die neue Zeitschrift wird in unserem Zeitalter der Technik wohl am Platze sein; denn immer mehr wird es sowohl für die einzelne Nation, wie für die einzelne Persönlichteit vonnöten sein, auch in technischen Dingen Bescheid zu wissen. Der Verlag des „Technischen Magazin" sBer- lin SW 63, Alte Jakobstraße 23} hat sich die Mitarbeit einer stattlichen Reihe hervorragender Mitarbeiter gesichert.
* Todesfall. In L ei p z i g ist der emeritierte a. 0. Professor für Chemie an der dortigen Universität Dr. pltil. Heinrich Hirzel im 81. Lebensjahre gestorben. Er war ein geborener Züricher und gehörte seit 1852 dem Lehrkörper der Leipziger Universität an.
Hochschulnachrichten.
— Bonn. Dr. phil. Gerhard Hessenberg, ctals- mäßiger Professor für Mathematik an der Landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppelsdorf, wurde als Privatdozent in der hiesigen philosophischen Fakultät ausgenommen.
— Göttinyen. Auf eine 25jährige Tätigkeit als ordentlicher Professor an der hiesigen Universität kann zu Beginn dieses Wintersemesters der Physiker, Geb. Regierungsrat Dr. phil. Waldemar Voigt zurückblicken.
* Rom. Ter Orientalist an der hiesigen Universität Professor Jgnacio Gidi hat einen Ruf an die neue Universität von Kairo angenommen.