Nr. 118

Beilage der Münchner Neuesten Nachrichten

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dann zurück wieder nach dem Westen führte. In sei« ncm Zuge erscheinen die gewaltige Mecrfestc der Templer zu Athlit und die auf unzugänglicher Bergcs- höhe thronende mächtige Hospitaliterburg Margart mit dem Pariser Tempel und dem Schloß des Deutschen Ordens zu Marienburg als Glieder einer einheitlichen Entwicklung.

Aehnlich verhält es sich mit dem, was die Orden im Gebiete der bildenden Kunst geleistet, und dem Anteil, den sie von dieser Seite her an dem geistigen Leben ihrer Zeit genommen haben. Aber freier und daher fruchtbarer gestalteten sich diese Beziehungen erst da, wo nicht bloß eng umgrenzte praktische Zwecke zu er. füllen waren. Eine gewisse Gebundenheit freilich hat ihrer Tätigkeit da stets angehaftet. Denn sie standen doch allezeit unter dem Banne einer ehrwürdigen Tradition, die beobachtet werden mußte, und hielten deshalb gewisse konventionelle Formen fest. Die ganze Anlage der Ordenshäuser, auch der zu Palästen er- weiterten, mit den Wohnungen für die Würdenträger, den Versammlungs- und Speisesälcn für die Brüder, der langen Flucht der für diese bestimmten Gemächer, den die einzelnen Teile verbindenden luftigen Galerien und Hallen, den davon cingeschlosscnen mächtigen Höfen mit den zugehörigen Pilgcrherbergen und Krön- kenhausern und den an- und eingebauten Kirchen und Kapellen war im wesentlichen immer dieselbe, ent. sprechend der ursprünglichen Bestimmung der Orden und durch das Herkommen geheiligt. Innerhalb die. ses Rahmens aber hoben die Orden mit dem künstle- rischen Schaffen ihrer Zeit lebendige Fühlung gehabt und sich desselben bedient, um ihre ruhmreiche Ver- gangenheit, ihre kirchliche Würde und weltliche Macht und" ihren fürstlichen Reichtum Mit- und Nachwelt eindrucksvoll vor Augen zu stellen und sich selbst in ihrem Glanze zu sonnen.

Wenig wissen wir in dieser Hinsicht von den Temp. lern: was sie da geleistet, ist mit ihrem Untergang fast ganz in Vergessenheit geraten. Aber während sie in ihren Kirchenbauten pietätvoll die der Hciligengrabes- kirche entlehnte Form der Rundkirche festhielten, wie wir sie noch heute in Metz, Laon, London und Segovia finden, wissen wir, daß ihr Haupthaus bei Paris im dreizehnten Jahrhundert einem Königsschlosse glich, dessen Größe und Pracht den benachbarten Sitz des französischen Herrschers in den Schotten stellte. In ihm quartierte deshalb 1254 Ludwig IX. den ihn be­suchenden Heinrich III. von England mit seinem Heer» artigen Gefolge ein. In dem großen Festsaal, wo der Engländer seinem Gastsreund ein Prunkmahl aus« richtete, waren nach dem Brauch der im Osten heimi­schen Ritter die Wände bis hoch hinauf mit bunten Wappenschildern bedeckt,

Wie ein solches Ordensschloß aussah, wenn cs im Laufe der Zeit durch Um- und Anbauten zu einer allen Ansprüchen genügenden fürstlichen Residenz ausgestal­tet war, zu deren würdiger Ausschmückung alle Künste wetteifernd beitrugen, davon gibt uns noch heute das Dcutschordensschloß Marienburg eine lebendige An- schouung, seit man es nach der verfehlten früheren Restauration neuerdings in feiner wahren Gestalt hat wieder erstehen lassen. Wenn an diesem herrlichen

Ban der Anteil eines durch Winrich von Knicprode berufenen rheinischen Architekten, dessen Namen wir leider nicht kennen, bezeugt ist,°) so beweist das nur von neuem, wie dieser Orden auch hier seine natürlichen Verbindungen benutzte, um mit der vaterländischen Kunst Fühlung zu behalten.

Um dieselbe Zeit, wo der Deutsche Orden durch einen rheinischen Baumeister eines der stolzesten Schlösser des ganzen Abendlandes aufführen ließ und so seine fortdauernde Teilnahme an dem geistigen Le­ben Deutschlands betätigte, vollzog sich bei den Hospi­talitern jenscit des Meeres ein ähnlicher Prozeß von hohem kulturgeschichtlichem Interesse.

Im August 1309 war Rhodos in die Gewalt des Ordens gefallen, und alsbald begann der hochstrebcnde Meister Fulco von Villaret, dessen strasscs Regiment, das ihn in einen schweren Konslikt mit dem Konvent brachte und schließlich zur Abdankung nötigte, die Ver. mutung nahe legt, ihm habe als Ziel eine Umgestal. tung des Ordens in fürstlich monarchischem Sinn vor- geschwebt, die glänzende Einrichtung des neuen Or- dcnssitzes. Er erbaute die dem Ordcnspatron ge- weihte Hauptkirche. Den Plan dazu schreibt eine bis- her übersehene, ihrer Herkunft nach vielleicht nicht ganz eiwoandsreie, aber mittelbar beglaubigte und da« her höchst beachtenswerte Notiz, die auf den griechischen Geschichtschreiber der Ordcnsherrschaft auf Rhodos zu. rückqcht, keinem Geringeren zu als deni großen Schü- ler des Ricolo Pisaiw, Arnolfo di Cambio, dem Er- bauer des Domes S. Maria di Fiorc, der .Kirche S. Crocc und des Palazzo Vecchio in Florenz.") Dazu stimmt aufs beste, daß der Zug Fulcos von Villaret wesentlich in Florenz vorbereitet und von dem bcnach. barten Pisa aus angetreten wurde. Florentiner Ban. kicrs waren es vornehmlich, welche die Geldmittel dazu lieferten, wie der Orden auch noch später mit solchen in engen Beziehungen gestanden hat. Im Zusammen- Hang mit der Beteiligung des Arnolfo di Cambio an dein Bau der Johanncskirche in Rhodos gelvinnt auch die Angabe Bedeutung, damals zur Ausschmückung der Ordcnsbanten ansgeführte Gemälde seien Werke eines Schülers Cimabuös gewesen, eines sonst nicht bekann. ten Sebastiano von Florenz, der dem Orden selbst als dienender Bruder angehört habe.") Ob überhaupt und inwieweit umfängliche Freskenzyklen, die noch im dritten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts in cini. gen Ordensbauten und namentlich in der Grotten, kapelle des Berges Philcrmos vorhanden waren, damit in Verbindung zu bringen sind, muß dahingestellt bleiben.

Bestätigt werden die Angaben über die enge Ver. knüpsung der unter dem Orden aus Rhodos erblühten Kunst mit der toskanischen und namentlich der Floren- tiner durch das, was ältere Reisende über die dortigen Bauten berichten, und einige ältere Aufnahmen der davon erhaltenen Reste. Danach waren die in der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts aufge-

') S o 6 m f K ( r , Geschichte von LU- »nd Westvreuben, dritte Auslage W>. I S. 261.

lioiticrt, Descripüon des Monuments de Uliodcs (Brüssel 1831» Z. 301.

»>) Ebenda <5. 371