€cttcMf fMhp der TOtcfew
Aber auch in materieller Hinsicht haben die geistlichen Ritterorden die Fortführung des Glaubenskampfes jenseit des Meeres überhaupt erst ermöglicht. Ihre Konvente, ihre Burgen, ihre Heere gaben den landenden Kreuzfahrern aller Nationen den unentbehrlichen nächsten Rückhalt. Ihre Flotten unterhielten die Verbindung mit der Heimat, vermittelten zum Teil den ständigen Pilgerverkehr und wiesen dem Handel die Wege. So wurden sie auch zu wirtschaftlichen Mächten, und von da aus gewannen die Templer früh die Stellung einer finanziellen Großmacht: durch ihre Hände, ging der gesamte internationale Geldverkchr und ihr Pariser Ordenshaus erlangte die Bedeutung einer Weltbörse.
So immer mehr nach der lveltlicheu Seite gezogen, bildeten die geistlichen Ritterorden in der Folge auch ihre auf viel einfachere Verhältnisse berechneten Institutionen entsprechend aus, ohne jedoch den Widerspruch völlig ausgleichcn zu können, der zwischen ihrer ursprünglichen Bestimmung nnt> ihrer nunmehrigen Tätigkeit unleugbar bestand. Hatten sie dereinst nach Mönchsart die Welt geflohen, so standen sie jetzt trotz ihrer mönchischen Formen mitten in der Welt. An den Höfen geistlicher und weltlicher Fürsten spielte:: ihre Brüder in den verschiedensten Stellungen eine hervorragende Rolle, und es hat eine Zeit gegeben, wo sämtliche Provinzen des Kirchenstaates von Hospitalitern als päpstlichen Statthaltern regiert ivurden. Damit erschlossen sich diese Genossenschaften den Einwirkungen des vielgestaltigen lveltlicheu Lebens. Diese waren umso mannigfaltiger und drangen auf um so verschiedeneren Wegen ein, je größer die Ver- breitung der Orden war. Häuser der Hospitaliter und Templer gab es von den Küsten Skandinaviens bis zu denen Siziliens und von den Bergen des südlichen Portilgal bis zu denen Armeniens. Dazu kam ihr ausgesprochen internationaler Charakter, der nur dem Deutschen Orden abging. Beiden Momenten entsprach die Verwendung der Ordensbeamten je nach Bedarf in den verschiedensten Ländern. Unzählige Fäden verknüpften daher das Leben der Orden mit den verschiedensten Kulturkreisen und führten ihnen auS denselben unausgesetzt eine Fülle von Anregungen zu. Es wird daher früh in ihnen im großen so hergegangen sein, wie es im vierzehnten Jahrhundert am Sitz der Hospitaliter auf Rhodos Reisende verwundert beobachteten, loo man alle Sprachen hörte und ihre Mischung und die dadurch veraulaßtc Verderbnis der einzelnen verfolgen konnte?) Das erklärt es auch, wenn 1360 der Hochmeister Roger des Pins die Ordensregel in das internationale Latein übertragen ließ, weil die französische Sprache, in der sie ursprünglich ausgezeichnet war, von vielen Brüdern nicht verstanden wurde.")
Daher hat es denn rvohl Interesse, einmal die bisher noch nicht aufgeworfene Frage zu behandeln, wie sich die geistlichen Ritterorden zu dem geistigen Leben ihrer Zeit gestellt haben. So weit verstreut und dürf-
>) Röhricht und Meißner, Deutsche Pilgerreisen nach dem heiligen Land <3. 370.
3) Bosio, Storla della Sagra rcligione e Ulostrisiüna milizia di S. Giovanni <R»»i >«U) 11. S. Sö.
f toM ft w Ra4n4M Nr. ns
tig die Zeugnisse dafür sein mögen, ihre Zusammen- stellung wird doch auf eine bisher kaum beachtete Seile einer der merkwürdigsten kulturgeschichtlichen Epochen neues Licht fallen lassen und dürfte durch die richtige Einreihung in ihrer Vereinzelung unverstandener Tatsachen neue, lveiterc Ausblicke eröffnen.
Vergeblich freilich lvird man versuchen, zu ermitteln, wie diese Genossenschaften ihrerseits auf Denken und Meinen der Zeitgenossen eingewirkt und hier und da dessen Inhalt und Richtung bestimmt haben. Waren doch ein unmittelbarer Zusammenhang und lebeuvige Wechselwirkung da von vornherein ausgeschlossen. Tenn die Laienivelt stand den Orden früh ablehnend gegenüber und hegte Mißtrauen, ja Feindschaft gegen sie, wie auch die Geistlichkeit von solcher erfüllt lvar. Diese Rittermönche, die das Gelübde der Armut ab- legten und Schätze aufhäuften, der Welt entsagt hatten und doch tief in weltliches Treiben verstrickt waren, sich Werken der Barmherzigkeit weihten und doch die unbarmherzigsten Krieger waren, nur auf ihr Seelenheil bedacht jein wollten und doch jeden niedertralcn, der ihre kirchlichen und weltlichen Vorrechte verletzte, waren überall unbeliebt, zumal man sic an erster Stelle verantwortlich machte für den unglücklichen illusgang des Kampfes im Osten. Auch schlossen sie selbst sich im Interesse der Bewahrung ihrer privilegierten Sonderstellung möglichst ab, mochten sie auch durch die massenhafte Annahme von Schutzbefohlenen weit über den ihnen eigentlich angewiesenen Rahmen hiuausgreifen. Zeitig wurde an ihnen eine abfällige Kritik geübt und die Urteile über sie werden allmählich immer ungünstiger. Vereinzelt bleibt die Verherrlichung der Templer in der Gralsage, für deren „Templeisen" sie das Vorbild abgegeben haben. Die Volksmeinung über sie kommt drastisch zum Ausdruck in der französischen Bearbeitung der Tiersage, wo der Fuchs von Templern und Hospitalitern um die Wette zum Meister begehrt wird und schließlich beide Würden annimmt.
Aber auch das geistige Leben der sie umgebenden Welt auf sich einwirken zu lassen waren die geistlichen Ritterorden ihrem Wesen nach wenig veranlagt. Ur- sprünglich suchten sie solche Einflüsse als gefährlich für die Erfüllung ihres Berufes geradezu fernzuhalten. Auch muß hier der im allgemeinen niedrige Bildungsstand der Brüder in Anschlag gebracht werden. Wurde das allmählich wohl auch besser, so blieb den Rittermönchen doch ein gewisses Vorurteil eigen gegen alles gelehrte Wesen. Das erklärt die auffallend untergeordnete Stellung, zu der sich die den Orden bcitrcteu- den Geistlichen verurteilt sahen, während doch gerade sie berufen gelvesen wären, hier vermittelnd und anregend zu wirken. Doch haben sich die Verhältnisse in dieser Hinsicht bei den einzelnen Oroen verschieden gestaltet, in einer Weise, die auf ihr besonderes Wesen ein überraschendes Licht fallen läßt. Während im Templer- orden das erst durch Papst Alexander III. geschaffene Klerikal nur zur Seelsorge unter den Brüdern bestimmt war und an den Ordensangelegenhciten keinen Anteil hatte, schlossen auch noch spater die Hospitaliter jeden vom Ordensrate und damit von den höheren