br* S!mons über öis Aeparatkorrsfrage.
Deutschland geht bis zur Grenze der Leistungsfähigkeit. In wenigen Tagen soll eine neue Aktion erfolgen.
Paris. 10. April. Der ..Matin" bringt nachstehenden Kericht über eine Unterredung des Reichs"'" '"S Or. Simons mit seinem Vertreter Sauerwem in Bern:
Ich kann Ihnen keine genauen Vorschläge mit- |rilert, einmal, weil es nicht schicklich wäre, etwas Derartiges auf dem Wege der Presse zu tun. und dann, well ich. da ich seit zwei Wochen von Berlin abwesend bin, erst Fühlung mit dem Reichskanzler und meinen Kollegen nehmen muß, bevor ich irgendetwas sage. Wir müssen verhandeln, bevor wir neue Angebote machen, die zu einer neuen Ablehnung führen könnten, was bei der augenblicklichen Spannung eine schwere Gefahr wäre. Ich habe dicht versucht, ein Eingreifen der Vereinigten Staaten zu erlangen. Mein Zweck bei Ueberreichung des Memorandums war einfach der. den deutschen Standpunkt gegenüber dem der Alliierten ausetnanderzusetzen, der ja besonders in der letzten Rede von Lloyd George begründet wurde. Was mich betrifft, so erinnern Sie sich, daß ich in Spaa unseren Willen, die perwüststen Gebiete aufzubauen, klar ausgesprochen habe. Ich handelte so in Uebereinstimmung mit allen meinen vorher im Reichstag oder anderwärts abgegebenen Erklärungen. Aber es handelt sich nicht nur um den Wiederaufbau der verwüsteten Gebiete.
Frankreich will ohne Zweifel Geld haben. Das ist viel schwieriger, denn Geld haben wir nicht.
Wir müssen uns welches verschaffen, was große Schwierigkeiten macht. Wir können das Problem nur durch eine Verständi- gung mit Frankreich lösen. In der Reparationsfrage ist Frankreich die beherrschende Macht, xs leitet die Alliierten. Ich bin vollkommen davon überzeugt, daß keiner seiner Verbündeten es daran hindern wird, feine Geschäfte selbst in die Hand zu nehmen und immer schärfere Zwangsmaßnahmen anzuwenden. Wen» es uns Niederdrücken will, kann es das. Ich habe niemals auf die Uneinigkeit unter den Alliierten gerechnet. Also man muß mit Frankreich verhandeln; aber ich glaube nicht an die Methode von Paris und London. Man muß neue Grundlagen suchen und neue Verhandlungsorten. In Brüssel war man auf einem guten Weg. Unglücklicher- welse ist diese Art der geschäftlichen Unterhaltung, die dusiuess- Üks war. nicht bis zu einem Schluß fortgesetzt worden. Unsere Sachverständigen haben nicht die Erlaubnis erhalten, den Ihrigen zu antworten, und nach meiner Ansicht hat man die Konferenz, von der man so viel sprach und die zu nichts führen konnte, viel zu hastig betrieben. Ich habe unsere Thesen in London, so wie ich instruiert war, entwickelt. Ich hatte kein Recht, den in Paris vorgeschlagenen abänderungsfähigen Faktor anzunehmen, und ich konnte weder einen anderen vorschlagen noch anregen, die Frage einer Konferenz von Sachverständigen zu überweisen. Man hätte sonst geglaubt, daß ich den Grundsatz der abänderungsfähigen Annuitäten selbst ablehne. Das ist nicht richtig. Nach meiner Ansicht gibt es eine Möglichkeit, in kurzer Zeit etwas Aehnliches zu finden.
Ich bin in London weitcrgcgangen, als es mit meinen Instruktionen vereinbar war.
weil ich ein Mann bin, der viel mehr das Gefühl unserer Verpflichtungen hat,, als diejenigen, die ihre Blicke hauptsächlich auf die nere Politik lenken. Die Zahlungsfähigkeit eines Landes unterliegt nicht nur technischer Beurteilung, sie ist auch eine psychologischeFrage, denn die Arbeitsbedingungen spielen dabei eine sehr wichtige Rolle. In dieser Hinsicht bin ich viel optimlstischer, was Deutschland anbetrifft, als viele andere. Aber das Abkommen, das man treffen will, muh im weitesten Maße diesem psychologischen Faktor Rechnung tragen. Genaueres kann ich Ihnen nicht sagen, bevor ich nicht mit meinen Kollegen gesprochen habe. Ich spreche hier im persönlichen Namen und etwas zusammenhanglos, aber ich hasse, daß Sie trotzdem die Grundgedanken erkennen, von denen ich mich leiten lasten will. Ich kann Ihnen sagen, daß ich nicht Minister in einer Regierung bleiben würde, die nicht den absoluten Willen hat, ihre Verpflichtungen biszuräußerstenGrenzederLeistungs. fähigkeit Deutschlands zu erfüllen, llebrigens bin ich der Ansicht, daß wir in wenigen Tagen in unwiderlegbarer Weise unseren guten Willen beweisen werden. Ich bin überzeugt, daß das französische Volk es vorziehen wird, unseren guten Willen auf die Probe zu stellen, als durch den Druck der Waffen einen schon entwaffneten Gegner, ohne daß jemand Nutzen daraus ziehen könnte, zugrunde zu richten. Die Ausdehnung nnd Fortsetzung der Zwangsmaßnahmen, deren psychologischen Ursprung ich in der öffentlichen Meinung Frankreichs suche, würde eine ungeheure Gefahr nicht nur für mein Vaterland, sondern auch für ganz Europa bedeuten.
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«£ Reichsminister Dr. Simons hat Montag vormittag 1v Uhr 30 Min. Bern verlasten. um nach Berlin zurückzukehren.
Frankreich allein will öas Ruhrgebiet besetzen.
London. 11. April s„T. U."s Millei teilte im „Ob- ferner" mit. daß Frankreich vorschlage, das Ruhrgebiet ohne weitere mttitärifchs Mitwirkung anderer Staaten ausschließlich durch Franzosen besetzen zu lassen, womit Paris der Londoner Regierung den Entschluß zu erleichtern hasse.
Plan einer besonderen Kohlensteuer.
Paris» 11. April. Wie der „Petit Parlsien" mittellt, findet heute eine Beratung zwischen den Ministern D o u m e r und L o u ch e u r und dem Vorsitzenden des Reparations- ausjchustes Dubais statt, um das Datum festzusetzen, an dem Deutschland den Gesamtbetrag seiner Schuld m i t g e t e i l t werden soll, was die Pensionen und Schäden anbetrifst. Auch werde die Kommission den R e st b e t r a g Mitteilen, den Deutschland am 1. Mai 1921 von dem Betrage von 20 Milliarden Goldmark zu entrichten habe.
„Petit Parisien" teilt ferner mit, Sachverständige der verschiedenen Finanzabteilungen müßten, welche eventuellen wirt- s ch a s t l i ch e n Sanktionen in den neu beschlagnahmten Gebieten nach dem 1. Mai in Kraft treten könnten. Man denke an die Erhebung einer Steuer auf die Kohlen- produktion im Ruhrgebiet. Obschon eine Steuer dieser Art nicht fähig sei, die Annuitäten zu ersetzen, die Deutschland schulde, könne sie doch bei einer Produktion von 90 Millionen Können beachtenswerte Ergebnisse zeitigen. _
Aum Tobs der Kaiserin.
öersktzong in Potsdam.
Die Berelubarungen über die Beisetzung der Kaiserin kn Pots- dam sind bereits vor längerer Zelt zwischen der preußischen Re- gierung und dem Hosmarschalkamt getroffen worden. Die Derein- barungen haben jetzt auch die Zustimmung des Hauses Dosru gesunden. Die Trauerfeier für die verewigte Kaiserin wird am Donnerstag im Haus Doorn stattfinden. Die Beisetzung der Entschlafenen erfolgt Sonnabend vormittag in Potsdam.
Der Antike Tempel am Neuen Palais ist als der endgültige Platz für die Beisetzung bestimmt.
Die Deutsch nationale Vokkspartci, gez. jj Hergt, veröffentlicht folgenden Aufruf:
Schmerzliche Trauerkunde geht durch die deutschen Lande und die Herzen derer, die auch in Not und Niedergang sich das Gefühl dankbarer Treue zum Hohenzollernhause bewahrt haben. Unsere Kaiserin und Königin ist von langem qualvollen Leiden durch den Tod «rlöst-morden. Zum zweiten Male in Preußens Geschichte brach das Herz einer Königin über der Not und Schmach ihres Volkes. Der Gram um des Reiches Schicksal setzte ihrem Dasein vorzeitig ein Ziel, bevor noch ein Strahl der Hoffnung ihr Trost zu dringen vermocht«.
Was Preußen und Deutschland groß und mächtig werden ließ, di« Pflichterfüllung, war auch der Leitstern dieses Lebens. Ihre Aufgaben fand sie allezeit auf dem ureigentlichen Felde weiblichen Wirkens. Sie war uns nicht nur unsere Kaiserin; als Frau war sie di« erst« des deutschen Volkes und allen deutschen Frauen und Müttern in fürsorglicher und hingebungsvoller Liebe für Gatten und Kinder ein leuchtendes Vorbild. Wo immer es galt, deutschen Familiensinn zu pflegen, ging sie rastlos in werktätiger Förderung voran. Als die schweren Kriegsstürme über unser Vaterland hereinbrachen, zeigt« sie durch die Tat, daß ihr« groß« mütterliche Liebe nicht nur ihr eigenes Haus, sondern alle Mühseligen und Beladenen in ihrem Volke umfaßte. Di« schweren
I körperlichen Anstrengungen, di« der Krieg von uns forderte, trug sie mit dem gleichen stillen Heldenmut wie die letzte von uns. Ihre schwindenden Kräfte stellte sie in den Dienst fürsorgender Liebe für die Kranken, und Verwundeten. Ihr mütterlicher Zuspruch und ihre gläubige Frömmigkeit hat Tausende aufgerichtet und anderen Tausenden das Sterben leicht gemacht.
Wir denken der Hohen Entschlafenen als unserer Landesmutter in der dankbaren Treue, die von jeher edelster Charakterzug des Deutschen war. Sie hat die Stunde der Erneuerung und Befreiung nicht mehr erleben dürfen. Aber ihr Geist lebt unter uns und soll uns Leitstern sein auf dem Wege, der aus dem Dunkel der Gegenwart zu Preußen-Deutschlands E r - Neuerung führt.
Durch das Ableben Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin sind Millionen treuer deutscher Männer und Frauen, die in der Deutschnationalen Bolkspartei vereinigt sind, in tiefste Trauer versetzt. Die schweren Prüfungen der letzten Jahre, die unsere vielgeliebte Landesmutter erdulden mußte und die äußere Trennung von ihr, die wir aufs schmerzlichste empfanden, haben nur vermocht, die Heimgegangene unserem Herzen noch näher zu bringen. Die Parteileitung weiß sich- eins mit den Empfindungen und Wünschen aller ihrer Mitglieder, wenn sie das Folgende beschlossen hat:
1) Bis zum Tage der Beisetzung unterbleiben alle geselligen Veranstaltungen der Partei.
2s Bei politischen Versammlungen, die im Programm entsprechend zu gestalten sind, ist unserer Trauer Ausdruck zu geben.
3) Von unseren Parteifreunden erwarten wir, daß sie sich auch im übrigen von lauten Vergnügungen und Festlichkeiten fernhalten.
4) Der Tag der Beisetzung ist möglichst überall im Lande durch Trauerfeiern zu begehen.
Der LeLensiauf öer Katferßn.
Auguste Viktoria ist am 22. Oktober 1853 auf Schloß Dölzig geboren als älteste Tochter des Herzogs Friedrich von Schleswig- Holstein-Sonderburg-Augustenburg und der Prinzessin Adelhaid von Hohenlohe-Langenburg. Die ersten sechs Jahre ihrer Kindheit verlebte sie in Dölzig, die beiden folgenden in Kiel, von 1860 bis zu ihrer Konfirmation im Jahre 1875 lebte sie abwechselnd in Gotha und auf Schloß Primkenau (Kreis Sprottau). Rach der Konfirmation weilte sie zumeist auf Reisen im südlichen Frankreich und in England. Ihr« Verlobung mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen, dem späteren Kaiser, fand am 14. Februar 1880 in Gotha statt. Sie wurde am 2. Juni 1880 proklamiert. Die Vermählung erfolgte am 27. Februar 1881 in Berlin.
Die Kaiserin nahm sich vor allem der christlichen Fürsorge auf den verschiedenen Gebieten und der nationalen Frauenbewegung an. Der vaterländische Frauenverein stand unter ihrem Protektorat: sie gründete das Kaiserin-Auguste-Viktoria-Stift und hatte weiter u. a. das Protektorat inne über das Elifabeth-Kinder- hofpital in Berlin (seit 1884s, über den evangelisch-kirchlichen Hilfsverein und den Berliner Kirchenbauverein (feit 1890). Nach der Palästinareise, die sie mit dem Kaiser im Herbst 1898 unternommen hatte, wurden von ihr „Erinnerungsblätter an die Palüstinafahrt" veröffentlicht.
Karl beteuert seine Zreunösthaft für §rankrelch.
Paris, 11. April. Sauerwein berichtet im „Matin" über eins Unterredung, die er mit Karl von Habsburg in Luzern hatte. Der König sagte, wie könne es in Frankreich Leute geben, die verkennten, was er habe tun wollen; weder in seinen Absichten noch in seinen Ansichten sei er jemals gegen die
Tagesschau.
— Die Kaiserin Auguste Viktoria ist heute morgen an Herzschwäche verschieden.
— Dr. Simons hatte in Bern eine Unterredung mit dem Vertreter des „Matin".
— In einer Unterredung mit dem Vertreter des „Matin" in Luzern erklärte Karl von Habsburg» daß er immer der Freund Frankreichs gewesen sei.
— In der englischen Dergarbeiterkrisis ist eine Entspannung eingetreten.
— In verschiedenen Städten des Reiches fanden Masten- Versammlungen statt, in denen Entschließungen für ein ungeteiltes Oberfchlesien gefaßt wurden. __ _
Interessen Frankreichs gewesen. Seit feiner Thron- bestetgung bis zum Ende des Krieges habe er mit allelrseinenKräftendenFriedengesucht.dervon Frankreich hätte angenommen werden können. Er sei von den einen als Verräter bezeichnet und beleidigt worden, von den anderen aber beargwöhnt mit der De» hauptung, er treibe das Spiel eines Dritten. So unangenehm und so entmutigend auch diese Anklagen gewesen seien, er habe sich dadurch nicht abschrecken lasten. Sie kennen mein« Anstrengungen nicht; die Regierung der Vereinigten Staate» kann Ihnen Zeugnis von ihrer Beharrlichkeit geben. Sauerwein erklärt, cs handle sich bei dieser Anspielung um die KorrespcEPZ« die im Februar 1918 zwischen Präsident WiWvn und Kar! ausg.rauscht worden sei. Nur die heftige Stellungnahine Clemenccaus gegen Karl und die brutale Veröffentlichung des- vertraulichen Briefes des Prinzen Sixtus Bourbon habe es Karl unmöglich gem-acht, sein« Anstrengung fortzusetzen, daß die französische Regierung seinen Schritt billigen könne, hatte er nie vorausgesetzt (?), aber daß die Wiederherstellung eines monarchistischen Ungarns in keinem Falle im Widerspruch mit der französischen Politik sein werde, daß man das verstehe, habe er ein wenig gehofft.
Schließlich fragt« Saucrwein, was Karl von der Möglichkett eines politischen Staates halte, der bauernd Bayern. Oesterreich und Ungarn umfasse. Er habe klar geantwortet, sein Ehrgeiz richte sich nicht aus einen ausländische» Staat.
Von Otto Thiel. M. d. R.
Gestern wurde im Preußischen Landing der preußische Wohlsahrisnünister Stegerwald mit 332 Stimmen^um preußischen Ministerpräsidenten gewählt. Am 20. FMh-cir 1921 haben dis Wahlen stattgefunden. Noch ani 8.^pnl bestand völlige Unklarheit darüber» wie man eine Kabinettsbildung mit den geheiligten Gesetzen eines parlamentarisch demokratischen Regimes in Einklang bringen könnte. _ Dis Wahlen hatten unzweideutig das Verlangen des preußischen Volles ausgesprochen, aus der als verderblich erkannten Klammer der sozialistischen Parteiherrschaft herausgelöst zu werden. Die bürgerlichen Parteien aber waren noch zu schwach geblieben, um der Sozialdemokratie gegenüber eiu- seitig den Willen der nichtsozialistischen Wählerschaft durchzusetzen. Ihre Position wurde noch geschwächt durch solche linksdemokralischeu Politiker, denen ein Hinterherlausen hinter der Sozialdemokratie als aller Weisheit letzter Schluß erscheint. Airs dieser fatalen Situation, die den Spott des Auslandes über unsere leidenschaftliche parteipolitische Zerrissenheit immer deutlicher werden ließ, gab es nur eine Rettung: die Wahl eines Ministerpräsidenten, der nicht als einseitiger Parteimann angesprochen werden kann, und dem deshalb vorbehaltloses Vertrauen von allen Seiten zukammt.
Die Oeffentlichkeit hat ein Anrecht, zu fragen, ob uird warum gerade Stegerwald unter diesen Umständen allein in Frage kommen konnte. Zweifellos gibt es in Preußen auch viele andere Männer, dis beruflich Tüchtiges leisten und die persönliches Vertrauen von allen Seiten genießen und die vor allen Dingen größere Neigung gehabt haben würden, das hohe Amr zu bekleiden. Hatte doch Stegerwald am 7. April 1921 nicht die Absicht, die Bildung des preußischen Ministeriums zu übernehmen. Als aber in letzter Stunde Entschlüsse gefaßt werden mußten und klar erkennbar war, daß es eine andere Lösung nicht gäbe, und daß, falls Steger- wald bereit sein würde, das Amt zu übernehmen, er eine geradezu spontane Zustimmung aus allen Parteien» die ernsthaft für politische Arbeit in Frage kommen, finden würde, mußte das Vaterland über alle anderen Rücksichten gestellt werden.
Stegerwald hatte zur diesmaligen Landtagswahl kein« Kandidatur angenommen. Er beabsichtigte, auch das Wohl» fahrtsminisierium nicht weiter zu führen, weil er dem dringenden Rufe des Deutschen Gewerkschaftsbundes (D.G.V.), dessen erster Lorfitzender er ist. folgen wollte, um brruss» amtlich wieder in der christlichen und nationalen Arbeit» nehmerbewegung tätig zu sein. Aber gerade der Umstand» daß der D. E. B. mit seinen nahezu 2 % Millionen Mitgliedern (Arbeiter, Angestellte und Beamte) geschlossen hinter Stegerwald steht, der Umstand ferner, daß diese große Arbeitnehmerbewegung parteipolitisch auf alle bürgerlichen Parteien verteilt ist und trotzdem in den großen Linien unserer Politik ein geschlossenes Ganzes darstellt» fontttc Stegerwald das Vertrauen für sich in Anspruch nehms:i^«ß er an der Spitze des preußischen Ministeriums t: \ diWt u engherziger Parteitaktik aufgshen, sondern die großen politischen Lebensbedürfnisse unseres Volkes.allein richtunggebend fein lassen wird. Auch seine Stellung in der Zentrumspartei läßt eine solche Amtsführung zu. Wenn Stegerwald, von diesem allseitigen Vertrauen getragen, nunmehr an die Bildung des Kabinetts herangeht, so ist er dabei durch keinerlei Bindungen irgendwelcher Art gehemmt. Er wird deshalb nur die eine Bindung für sich anerkennen, dem von allen Seiten in chn gesetzten Vertrauen gerecht zu werden. Es dürfte deshalb gar keine Rede davon fein, daß er bei der Auswahl seiner Mitarbeiter die Grenzen dort ziehen wird, wo die frühere Koalition gestanden hat. Er wird vielmehr alles daran setzen müssen, ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten aller mitarbeitsfreudigen Kräfte zu erzielen. Nach Lage der Dinge scheint es geradezu unmöglich, dioses Ziel mit einem politischen Kabinett zu erreichen. Vielmehr dürfte die Aufgabe am zweckmäßigsten durch ein reines Geschäftsministerium gelöst werden können.
Kein Zweifel kann darüber herrschen, daß Stegerwald bei seiner gangen politischen Vergangenheit und seiner Stellung im D. G. D. unter ollen Umständen aber eine sparsame, unparteiische und sachlich zweckmäßige VerwastE»« des preußischen Staatswesens sicherstellen und mit W einseitigen Parteiwirtschaft aufrüumen wird. Wenn es bei dieser ehrlichen Arbeit ganz naturgemäß manchen Konflikt absrtzen wird mit solchen Elementen, die es immer noch nicht gelernt haben, ihre eigenen Wünsche und die ihrer Partei in die Bedürfnisse des Aolksganzen einzuordnsn, und wenn aus parteitaktischen Gründen dem preußischen Ministerpräsidenten die Arbeit erschwert werden sollte, dann wird der D. G. B. wie ein Mann hinter dem preußischen Ministerpräsidenten Stegerwald stehen ohne Rücksicht auf die parteipolitische Stellung der einzelnen Mitglieder. Wenn das dazu bei» trägt, sine Entwicklung anzubahnen, die unserem unseligen ParteihOber Schranken setzt untz