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Ach Was, wenn man die achttausend Mark gespart hätte — nächstes Jahr hätte man schon wieder e > n « n alten Baum gesunden, den man nicht versetzE könnte, das wäre auch eine dauernde Ersparnis gewesen.
Sagen Sie, Herr Eibenbaum, wie gesällt's Ihnen, denn eigentlich so auf Ihrer Wanderung? Recht amü» sant, wie?
Ach» wissen Sie, manchmal ist's ja ganz nett. Wenn' man so ungeniert in die Fenster gucken kann — Sie, gestern nacht Hab' ich etwas zugesehen — überhaupt, wenn wir Bäume reden wollten! Aber wir schweigen. Wir beschatten und schweigen.
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Wissen Sie, was „mieß" ist? ,7Mieß" ist mir vor bea 1 Zuguckeru, „mieß" vor Ihnen, Herr Meierschulze, „mieß" vor der ganzen Geschichte. Und Eurer Verwal- tuna ist, glaube ich, auch schon „mieß" davor.
Aber die Herren Stadtverordneten, die freuen sich doch, daß sie der Stadt eine solche Sehenswürdigkeit beschert haben.
Denen wird's auch noch „mieß" werden. Warten Si^ nur. Lassen Sie nur erst die Rechnung kommen.
Sie Herr Eibenbaum, verzeihen Sie, noch eine Frage.! Sie wohnen doch schon so lauge in der Stadt, was lst
dem» eigentlich so Ähre liebste Er i un er uu g L
Meine liebste Erinnerung? Wenn ich Sie und die ! ganze Geschichte und all die vielen Zuschauer so betrachte? Das will ich Ihnen sagen. Sehen Sie, als ich noch ein kleiner Bub war, da ritt einmal ein Ritter durch die Stadt, der hieß Götz von Berlichingen. An den muß ich jetzt viel denken.
Warum?
sDt« Uhr schlägt Eins. Au Sem Eibenbaum knackt eine ! Bohl«, worauf Herr Meierschulze entsetzt entflieht.) 1
Ende. '
Benjam^.-prV
Vom Eibebaam.
E Lied von eine Frankfordcr.
i Mel.: „Es zögen drei Reiter zum Tore hinaus",
j Im Bodanische Garte in der Stiftstraß' da stand — wie fci'(n)
E ganz alder Eibebaam — einsam verbannt — allei'.
Ja, der aide Gesell', ach der stand dort, uff Ehr,
■ Drei ganze Jahrhnnnert vielleicht nach noch mehr Allei' — dadrci' — wie fei’!
Uff amol kam's Senckenbergianum eweck — potz Äaus —
Am Hoh'nzollernplatz is sein zukünft'gcr Fleck — ganz draus Un schließlich da kam's dene Herr'n in de Sinn —
Der Eibebaam — ja — der müßt aach dort mit hin —
Enaus — ganz draus — potz Daus!
Druff bat mer'n mit Volke un Bretter verschraubt — sehr schnell l!n hat'm fein Blatz in der Stiftstraß' geraubt — dom G'sell — Iwwer 300 Jahr ald — ich sinn' des net schee —
> Da muß der ald' Barsch noch Uff Wannerschaft geb! —
Der G'sell — müßt fort uff der Stell'!
i Denn spannt mer gemietlich zwaa Dampfwalze vor — wie schee —
> Un fort ging's behutsani — zum Eschemer Dor — juchhe!
Seit zeh Dag' da schaffe se jetzt draa mit Macht
Nn hawwen erscht bis iwwern Obernblatz g'bracht —
- ui je wie schee — juchhe! —
I Grad wie fu'rt Batient hawwesen — ob's was.nutzt? wer waaß — ' Mit Lappe umwickelt und Baike gestützt — des Aas — |
Bis er hin an sei'm Blatz kinimt un eingepflanzt werd,
Da iS der ganz Baam schon zu Brennholz verderrt I
DeS Aas — des gäbder en Spaß! — s
Ja dieser Dransbort — von dem jetzt jeder spricht — genug — I Der stellt unser Stadt in e bitterbees Licht — 's war Bruch — ' Sehr groß war der Dalles — so uzt mer uns setzt —
I Wo mer vor 8000 Emmcher en Eibebaam versetzt — j Genug -- 's is Bruch! — 's is Bruch! —
Unn 's schcenste is bei der ganz Eibebaamg’schicht — ei ja — <
Den Dransbort hawwe Maaster von auswärts gekriegt — guckt aa — Zu de hiesige Maaster — da fängt mer net faul: —
„Bezahlt euer Steuern un halt schee des Maul!" —
Un kreischt: Hurra! — Hurra! —
sie. ,26
Samstag, f. Juni
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Wtbenbmm-%tUminv.
Das großartige vaterstädtische Unternehmen, das die Ge- ! müter in Frankfurt gegenwärtig in Atem hält, hat ei» goldenes , Literaturzeitalter über uns heraufbcschworen. Wir geben aus derreichen Zahl von prosaischen und poetischen Werken, die uns ’ aus dem Leserkreise zur Verfügung gestellt werde», hier eine kleine Auslese des Würdigsten und Gediegensten:
En Schreibebrief vom Eibebaam r Mein liewcr Generalanzeiger.'
Da mersch perfehnlich net meglich is zu fchreiwe, weil se mich uff meiner Walz an die Kett gelegt und unner Bolizei- lUffsicht gestellt hawe, haw ich mein Schmerz gestern Nacht so ere klaa schwarz Hex aus der Hochstraß am Fenster ins Ohr igeflistert, Ihne diese Zeile zu schreiwe und die Herrn Redakteure zu vttte, mich arme ahle Barsch net zu meim Schicksal, deß mer bcschiedc, noch zu verulke. Mit Schmerze mußt ich das Gekicher mit zuseh un Herrn, wie der Herr Bimbelmeier seiner Familch gestern Nweuö Ihr» Arüickel »orgelese hat. Der Roochns kimmt daher, weil ich en die ganz Nacht die Wohnung ausgeguckt Hab. Bor Wut haw ich en, wie se im Kahn gelege hawe, e Fensterscheib encigewichst un 'weil ich net ausricke könnt, hat mer der Herr Bimbelmeier °e Dibbe Wasser uff mein Kopp geschitt. Ich Hab' meim Schöpfer gebankt. Es war mei erst gut Erfrischung, die ich uff meiner Walz krieht Hab. Ach liewer AnzeigerDcht ich «och emol in meim Senckenbergianische Himmelbett stecke! Mir is so mieß! Abgerackert un abgeschunne bin ich, daß sch de Kopp hänge laß, wie en boder Gickel. Denke Se mal, bet meim Körpergewicht schon bald 8 Dag von morgens bis awendS uff dem Westerholz crum gezerrt zu wer» — Ach Gott! Ich bin ganz seekrank! Un nix gescheits zu spachtele! >DeS biffi Nahrung wo ich vom Gaarte noch im Leib hat, is öorch enanuer geschockeld und mein Mage knorrt wie die Dambwalze, die sich halbdod ärgern, weil sie sich so mit mer labquäle misse. Wenn mersch nur mal e ganz Rächt in die Bisag regne deht, daß ich morgens emal aastennig gewäsche dastehe könnt! Was wär' des e Wohlbahö. Jeder Man- Jardehäubdling guckt mer uff de Kopp! BiS ich uff de '. Obernplatz komm, muß ich mich vor meine Kollege in : der Aalag schäme, wie errunnergekomme ich ansseh! |tt« deß fall ich vis hinnern Palmegaarte aushalte? Ich ,iwerlebS net! Das Haamweh packt mich ewe schon! E ganz : Nacht haw ich meim ahle Freund, dem Escheheimer Torm,
■ am Herzgelege un Leb wohl gesagt, was mußte se ziehe, bis jse uus von enanner hatte! Jetzt kann ich mit Ruh dem lDoü in die Aage seh', es werd mer geh', wie em Paytent, jder die Overation gut iwwersteht un dann sterbt. Uff mei ! Krgb schreibt mer folgende Widmung:
Hier stand der scheene Eibebaam,
Er ging zu seine Väter haam,
Die bitterbeese Walzewoche Hawe dem Borsch des Herz gebrochc,
Der Deiwel hol' Euch so c Rutsch,
Un Dansende von Mark sin futsch!
Millerche.
Die Eibe und die Palme.
(Frei nach Heine.)
Ein Eibenbaum stand einsam Am Senckenberg hinterm Haus / Dreihundert lange Jahre. —
Da hielt er's nicht mehr aus,
Es füllt' ei» Heißes Sehnen Ganz plötzlich seine» Sinn,
Und nach dem Palmengarteu -Zog" es ihn Mächtig hin.
Dort steht im Glaspalaste Ein Palmvaum sehr kokett,
Der sieht mit lüstrem Blicke ; Schon nach ihm ans — ich wett'.
4 ’ Jedoch alte Eibe
i Am Opernplatz noch steht,
' Es zittern ihre Zweige,
Weil's gar so langsam geht.
Es raschelt in dem Laube,
Der alte Riese spricht:
„Man steht, das höchste Alter Schützt uns vor Torheit nicht."
Klingebeil.
*
Lom Bäumleiu, das a» einen anderen Ort hat gesollt.
Es ist ein Bäumlein in unsrer Stadt Gestanden in Wind und Wetter,
Das manches Jahrhundert erlebet hat.
Doch hat es nur Nadeln statt Blätter.
Und viele Geschlechter, die hat es geseh'u,
Boll Freude im Lause der Zetten,
Die lebten «ud liebten und taten daun geh'n,
O Bäumleiu, du bist zu beneiden.
Doch warst du zufrieden und wurdest nie stolz,
Dei» Wachstum war immer gediegen.
Da bist halt noch vom alten Holz Und läßt dir mit wenig genügen.
Doch eines Morgens, da ist es gescheh'n,
Man schrieb nennzehnhundertundsieben.
Da. mußtest du aus die Reise geh'«,
Sie taten dich hebe» und schiebe«.
Ei« Hause« Männer mit Spaten und Axt,
Die ginge« dir gleich zu Leibe,
Und wenn du auch stöhnst und seufzest , und kiiaxst,
ES nützt dich nichts, alte Eibe!
Sie baute« dich ei« in ei« hölzern HauS»
Das ziehe» zwei starke Giganten,
Die schnauben und stöhneu, es ist ein Graus,
Wie indische Elefanten.
Und tausend Menschen steh'n davor.
Die gaffen und machen Glossen,
Doch keiner sah von dem ganzen Chor Die Tränen, die du vergoffen.
Nu», tröste dich nur, bald bist du am Ziel,
Dann grüß'st du des Taunus Höhen,
Und es wird von dem ganzen Menfcheufpicl Saum ein Dutzend dich noch besehen.
Drum Glück auf die Reise, o „Eibenbaum",
Und laß dir nicht dorren die Haare,
Blick' fröhlich hinaus in den Weltenrau«
Und wachse noch vierhundert Jahre!
'Theodor Sautter.