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Zoologen eine ungeteilte Aufnahme und alsbald erschienen zahlreiche Arbeiten, die in verschiedenen Dieraruppen die binaere Nomenklatur. anwandten. Dar Wert dieses Ly sie ms liegt ja auch klar auf der Hand.
Linus hat viele Jünger der Biologie zugeführt. Zu seiner wissenschaftlichen Bedeutung kam noch der Zauber seiner Persönlichkeit und sein enthusiastischer Eifer für die ! Arbeit. Selbst das schwedische Königshaus beteiligte sich ! an der Naturforschung und besaß umfangreiche Sammlungen. Wenn auch die Nachfolger Linmes in der Beschreibung neuer Arten aufgingen und eine Spezi-esmachcrei ohne tieferes Eindringen betrieben, so darf man die Schuld dafür dem Meister selbst nicht beimessen. Freilich entstand daraus teilweise eine Verachtung -der Systematik, die bis säst auf unsere Zeit angehalten hat.
Mer die moderne Zoologie mit denr unglaublichen An- schwellen des Materials und der neuen Tierarten hat die Notwendigkeit exakter Bestimmungen und systematischer Forschungen wieder zur Anerkennung gebracht. „
Wenn wir heute auch eine andere Auffassung von der ! Art haben, als Linus vor 150 Jahren und die Art von ' viel höheren Gesichtspunkten betrachten, so stehen wir doch jetzt noch auf dem Boden der Linnsschen Nomenllatur.- Die Deutsche Zoologische Gesellschaft hat im Jahre 1894 Regeln für die wissenschaftliche Benennung der Tiere herausgegeben, die vollständig auf Linns fußen und in den letzten Jahren nach Vereinbarung auf Kongressen international m:genommen worden sind. Die wichtigste Bestimmung darin ist das P r i o r i t ä c s ° ge setz, welches bestimmt, daß der zuerst aufgestellte Name eines Tieres, tocnn er von einer erkennbaren Beschreibung begleitet ivar, angenonimen werden muß. Als Ausgangspunkt für diese Benennung gilt die 10. Ausgabe von Limiss .'„Systema natura e", in der er 1758 zum erstenmal seine binaere Nomenklatur durchsührte. Jede Tierart erhält daher den binaeren Namen, den ihr Linns 1758 oder^ ihr erster Beschreiber nach ihm gegeben hat.. Alle späteren Namen iverdcn als Synonyma zu dom giltigen Minen ausgeführt. Die strenge Durchführung dieser Regel hats „Systema naturae" zu einem Fundamentalwerk für die systematische Zoologie gestempelt, auf das jeder Bearbeiter zurückgreijen muß. Im Jahre 1894 hat die Deutsche Zoologische Gesellschaft einen Neudruck dieses wichtigen Werkes herausgeben lassen. Alke vor Linns erschienenen zoologischen Werke sind aber dadurch wertlos geworden, während die nach Linus herausgegebenen Arbeitern, die in bestimmten Gruppen die neue Nomenklatur eiuführcn, sehr hoch im Preise stehen.
Gewissermaßen als neue Ausgabe von Linnes „Systema naturae" ist das „Tier r e i ch" der Deutschen Zoologischen Gesellschaft gedacht, das eine Kennzeichnung aller lebenden: Tierarien bringen soll. Für dieses war also Linns überall der Ausgangspunkt. Während aber „Systema naturae" itt der 13. Ausgabe 10 Bände umfaßte, wird 'das „Tierreich" wahrscheinlich mehrere hundert Bände stark werden. Auch die Botanik ist mit einem ähnlichen Werk „Das Pflanzenreich" iienerdings der Zoologie gefolgt.
So steht die heutige Systematik auf den■ Schultern Linnss und hat die von ihm oingeführte Benennungsweise zu Regeln für die wissenschaftliche Namengebung ausgc- baut. Daher ist es wohl berechtigt, am 200. Geburtstage des großeir Systematikers in Dankbarkeit zu gedenken.
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Dresden bestimmt.
* Ein Geschenk an das Seuckenbergianum. Dem Museum der Senckenbergischen Gesellschaft ist von einem der hiesigen Mitglieder ein Geschenk von Leson- ders großem wissenschaftlichen Wert überwiesen worden,
c eine ausgestopfte Affenfamilie, die einstweilen im Festsaal des Neubaus an der Viktoria-Allee aufgestellt wurde.
* Frankfurter Oper. Infolge von Unpäßlichkeit des Herrn Breitenseid kann die für Donnerstag, 6. ds., an-
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Ein Nachtgespräch. i ' ^‘
(Personen: Herr Meierichnlze und Herr Eibenbanm.! Zeit: Mitternacht. Ort: Hochstraße.) |
Herr Eibenbaum sticht in der Hochstraße »nd! stöhnt): Uff, welche Hitze! Herrgott, ich verdurste.
Herr Meierschulze: Ei gun awend, Herr Eiben- baum. Nun, wie geht's?
Wie's geht? Verdammt langsam geht's, wie Sie sehen. Und wenn's noch lang so weitergeht, verschmachte ich doch noch zu Brennholz.
I Na, aber die Teilnahme der gesamten Bürgerschaft an. Ihrer interessanten Veränderung, die muß Ihnen doch.
' wohltun, Herr Elbenbaum.
Soll mich Gott behüten! Den ganzen Tag da stehen. .*>i und sich anglotzcn lasten wie ein Kalb mit drei Beinen!
' Ich wohne doch jetzt schon vierhundert Fahre in Frank- ;«surt; ich hätte aber nie geglaubt, daß das Nest noch eine solche Kleinstadt wäre. Haben denn die guten Leute ’te : noch keinen Gärtner gesehen, der einen Fuchsienstock verpflanzt ?
t Aber erlauben Sie, Herr Eibenbaum, Sie sind doch,
kein Fuchsienstock. Ein so ehrwürdiger alter Herr, für den interestiert sich doch jeder.
Sy, war ich etwa so viel jünger, als ich noch im Botanischen Garten stand? Und wer hat sich denn da all die Jahre um mich gekümmert? Keine Katze.
Na ja, aber daß Sie jetzt in Ihren alten Tagen noch' umziehen —
Mein Gott, was ist denn da weiter. Fragen Sie I Ihre Frau Gemahlin — Sie sind doch verheiratet —, wie sie ihre Nelken oder Geranien umtopft, da haben Sie genau dieselbe Geschichte.
Ja, aber weil Sie sich doch so arg langsam be- : wegen. Und mit der Dampfwalze davor. Das ist doch ''zu interestant!
Ach so, weil's so langsam geht. Scheu Sie, da will ich Ihnen was verraten: Draußen im Stadtwald, rechts von der Goetheruhe, da gibt's Bäume, die bewegen sich noch langsamer, die bewegen sich überhaupt gar nicht. Die sind doch noch viel interessanter^ Merkwürdig — zum Taunusrennen — haben Sie schon Ihre Karte bestellt? — da laufen Sie, weil's so schnell geht, und mich beglotzen Sie, weil's so lang»
1 a m geht.
Aber bedenken Sie doch das technische Interne, Herr Eibenbaum! Wie das so gemacht wurde, bis Sie gehoben waren und dann der Transport und all das — So, das technische Interesse! Ja, wissen Sie denn, haben Sie sich denn überhaupt jemals erkundigt, wie das gemacht wurde? Nee, lieber Freund, mit dem, technischen Interesse bleiben Sie mir vom Leibe. —- Wie ich noch in der Stiftstraße stand, da sah ich auch einmal einen großen Haufen Menschen um ein schadhaftes Automobil herumsteyen. Das war auch technisches Interesse. Sie sahen zu, wie ein Mechaniker eine Schraube anzog. Nein: verdammte Neugier ist's . wie in Tirschtigel, Bomst und Meseritz, wenn die Seiltänzer ins Ort kommen. Oh, wäre ich nur nicht so festgewachsen und festgeklemmt, wie wollt' ich ihnen — Wenn sie noch absperrten und 20 Pfennig Entree nähmen, da kämen doch wenigstens die Kosten für die Nachbewilll- guna auf den Voranschlag heraus.
Wie alt sind Sie denn eigentlich, Herr Eibenbaum, wenn man fragen darf?
So vierhundert Jahre (leife:) bis zu tausend.
Wie?
Man sieht's Ihnen gar nicht -so an. Sie haben sich vorzüglich gchalten. Sie wachsen wohl sehr langsam?
Na, wenn Sie das noch nicht gemerkt haben, daß bei mir alles hübsch langsam geht — .
Aus welchem Grunde sind Sie denn eigentlich umge- zoaen?
Aus Sand mit Lehm.
Nein, ich meine, aus welchem Grunde man -sie versetzt hat?.
Sonst weiß ich keinen — Sie?
Na, es wird wohl noch etwas im Etat frei gewesen sein für „unvorhergeschene Ausgaben". Wer bedenken Sie auch, welcher Ruhm Sie erwartet. Nack hundert Jahren noch, wenn die Fremden kommen, wird man sie zu Mnen führen und ihnen sagen, das ist der Baum, der die Stadt Frankfurt das viele Geld gekostet hat, für das man einen Wald hätte pflanzen können. Und wenn
wachsen? Dann kann Kindermann, ohne zu zucken, erwidern: Nein, Durchlaucht, der ist im Botanischen Garten an der Stiftstraße gewachsen, der ist nur env bißchen aus dem Weg gestellt worden. , „ ,
Ja, aufwenden tun »ie ja etwas für mich, da-, mutz ich zugeben. Achttausend Mark sind von der L-tadt bewilligt, dazu noch das Uebrige und dann »rr Nachforderung, die nicht zu knapp , wird — wenn man bedenkt, daß man dafür so schön die unentgeltliche Beerdigung hätte einführen können, die sie grao eben wegen der „finanziellen Tragweite" abgeteynt haben —
Ja, aber bedenken Sie, Herr Eibenbaum, Ihr Umzug ist eine einmalige Ausgabe, und die unentgeltliche Beerdigung, das wäre ent dauernder Posten im Etat!