sch asten gewidmet, dem Studium der Nacktschnecken, und hat das Interesse an dieser Schneckengruppe durch eine Reihe ausgezeichneter Arbeiten aus dem schwierigen Ge­biete seines Spezialfaches neu belebt und sich die allge-! meine Anerkennung seiner Fachgenossen erworben. Hehnemanns letzte ArbeitUebrr die geographische Verbreitung der Nacktschnecken" war zur Zeit seines Todes tm Druck und ist inzwischen im XXX. Bande der Abhand­lungen der Senckenbergischen Gesellschaft erschienen.

Der Vorsitzende bankt mit warmen Worten für das kost­bare Geschenk, mit dsm Versprechen, daß die Gesellschaft das' Andenken ihres treuen Mitarbeiters und Freundes stets in hohen Ehren halten werde.

Hierauf hält Dr. E. Wolf, der im vorigen Somnier von der Gesellschaft mit einer zoologischen Samnwlreise in dir Nordsee beauftragt ivar, einen inhaltsreichen Vor­trag über:

Das' deutsche Wattenmeer."

/Der Vortragende hatte durch die biologische Anstalt auf Helgoland, an der er mehrere Wochen arbeitete, Gelegen- heit auf einer Studienfahrt das deutsche Wattenmeer aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Diese durchaus eigenartige Meeresbildung erstreckt sich von der dänischen Grenze im Norden an der schleswig-holsteinischen Nord­seeküste entlang bis zur Elbmündung und von hier west^ wärts bis. zur Mündung der Ems. Die Watten, d. h. größere oder kleinere Sand- oder Schlickflächen, werden nur zur Ebbezeit sichtbar, während der Flut sind sie von den Wogen vollständig bedeckt. Durch die namentlich zur Winterszeit auftretenden gewaltigen Sturmfluten sind diese Bildungen einer stetigen Veränderung unterworfen. Die Zerstörungswut der Wellen macht sich aber nicht nur an den Wattflächen, sondern auch an den Inseln und am Fest, lande bemerkbar. Aus den Schilderungen der Chronisten, ist zu ersehen, daß große Landstrecken oft in einer Nacht vernichtet wurden. Hunderte von Menschen und Tausende von Tieren gingen dabei zu Grunde. Schon frühe hatte man deshalb angefangen, die gefährdeten Geb'cte durch mächtige Dämme zu schlitzen, und so wird langsam unter gewaltigen finanziellen Opfern das dem Meere wieder ab- gerungen, was im Laufe der Jahrhunderte die Beute sei­ner Wogen geworden ist.

Auch das Küstenland ist von ganz eigenartiger Beschaf­fenheit. Es treten uns, hier nur mit Sand und Geröll bedeckte, meist mit Wald bestandene Höhenzüge entgegen: die Geest. An sie schließt sich ein äußerst fruchtbarer, meist nur einige Kilonieter breiter Küstenstrich an, die > M a r s ch. Weite Gebiete werden aber auch von öden un- lwirisamen Sumpsbildungcn, dem Moor eingenommen.

Im Meere tritt der Artenreichtum weniger in den Vor­dergrund, dagegen ist ein ungeheuerer Jndividuenreichtum zu verzeichnen. So verschiedenartig die Landbildungen sind, so wechselvoll erweist sich auch der Grund des Meeres. Neuen reineni Sandboden finden wir mächtige Schlickab­lagerungen; weite Schlickflächen wechseln mit gewaltigen Torsbildungen ab. Jeder dieserGründe" hat wieder eine eigenartige Fauna. Die Muschelbänke, die Schlick- und Torfbewohner, die Tierwelt der oberflächlichen Wasser­schichten usw. werden von dem Vortragenden genauer ge­schildert. Tritt uns hier auch nicht das farbenprächtige Meer des Südens mit der Mannigfaltigkeit seiner Bewoh­ner entgegen, und vermissen wir auch manche andere Na- turschönheiten südlicher Küstenländer, so finden wir doch im Wattenmeer eine Eigenart, die einen längeren Ausent- halt daselbst überaus lohnend erscheinen läßt.

YIII. Wissenschaftliche Sitzung der SenSen» bergischen Natnrforschenven Gesellschaft.

Frankfurt a. M., den 12. Januar 1907.

Vorsitzender: Robert de Neufville.

Dr. E. Strauß spricht über:

Die moderne Eiweiß-Chemie und ihre biologische Bedeutung."

i Wenn bisher die Physiologie und Pathologie noch n'chi die definitive Lösung für eine große Anzahl von Proble- men auf dem Gebiete des Stoffwechsels, der Ernährung, der Zellfunktionen gefunden hat, wenn unsere genaue chemische Kenntnis der Zucker- und Harnsäuregruppe noch nicht im weitesten Sinne für die Deutung biologischer, speziell krankhafter, Vorgänge ausgebeutet werden konnte, so ist der Grund hierfür in der Tatsache zu suchen, daß bisher ein fast undurchdringliches Dunkel das Wesen der Ciweißstoffe verhüllte. Sind es doch diese mit ganz be° sonderen physikalischen und chemischen Eigenschaften aus­gestatteten Substanzen, welche das materielle Substrat aller Lebensvorgänge darstellen. In ihnen hat ohne Zwei­fel die natürliche Synthese ihre höchste Leistung erreicht: eine Mannigfaltigkeit der Formen, eine Kompliziertheit der Konstitution ohnegleichen entspricht denn auch dem un­endlich feinen und verwickelten Getriebe von Funktionen, dinen die Eiweißkörper dienen, jenen Funktionen, die wir organisches Leben" nennen. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften dieser Körper ihre hohe Mole- kulargröße, die eigentümlichen Eigenschaften ihrer Lösun­gen, ihre merkwürdigen Zersetzungen haben lange Zeit die Chemiker von ihrer Untersuchung abgeschreckt; Medi­ziner und Physiologen haben mit zum Teil recht ungenü­genden Methoden Versuche zur Klassifizierung und Charak- leristik angestellt, und tvenn auch das eine, oder andere De- lail solcher Untersuchungen schon im rein chemischen Sinne ein greifbares Resultat genannt werden durfte, so war dcch bis in die neueste Zeit hinein kein genügendes Tatsachen­material gegeben, auf Grund dessen man sich so klare Vor­stellungen über die Eiweißkörper hätte bilden können, wie dies beispielsweise bei den Kohlehydraten oder Jetten der! Fall ist, Vorstellungen, welche die biologischen Anschauun­gen befruchten konnten. Mit Befriedigung dürfen wir heute sehen, wie sich das Dunkel zu lichten beginnt; wir verdanken dies den, genialen Arbeiten E m i l > F i s ch e r s, der mit zum Teil ganz, negen Methoden, ja sogar auf prin- zipiell neuen Wegen, in das geheimnisvolle Gebiet vorge­drungen ist. Und wenn es auch noch der Arbeit vieler Hände, der Aufwendung größter Mittel und langer Zeit bedarf, um zum Ziele zu gelangen: die Fragen sind end- i lich richtig gestellt, und wo in der Naturwissenschaft ein richtig gestelltes Problem ist, da wird auch die Lösung gefunden werden!

Die moderne Eiweißchemie ging systematisch aus von der genauen Erforschung der einfachsten Bausteine des großen Eiweißmo'cküls, von den sog Aminosäuren, welche immer erhalten werden, wenn man irgend einen Eiweißkörper z. B. mit starken Mineralsäurcn völlig zer­setzt bis zum Verschwinden jener für das Eiweiß charak­teristischenBiuretreaktion." Schon längst war e:nc kleine Zahl solcher Aminosäuren bekannt: das Glycocoll, das Leucin, das Tyrosin u. a. Durch K o s s e l s schöne Arbeiten sind die sog. D i a m i,n osäuren : Arg nin, Lysin, Histidin bekannt geworden. Fischer hat nun zu­nächst alle Aminosäuren, soweit sie bekannt und durch Synthese zugänglich waren, genau untersucht und zum großen Teil neu dargestellt. Hier war es vor allem wich» tig, von demAlanin" (der Aminopropionsäure) ab, die optischen Isomeren der einzelnen Säuren darzu- stellen: das sind die beiden Formen derselben Substanz deren eine die Ebene des polarisierten Lichtstrahls nach rechts, deren andere nach links dreht/ eine Eigenchaft, welche man nach der Theorie von Le Bel und Van t H o s s auf das Vorhandensein einesasymmetrischen.

! Kohlenstoffatoms zurückführt. Dies ist bereits biologisch von größter Bedeutung: denn es,hat sich gezeigt, daß der ! lebendige Organismus gleichsam auf ein bestimmtes optt- Asches Isomeres einer Substanz eingestellt ist; es.ist durch­aus nicht gleichgültig, ob wir ihm zur Zersetzung, zum Gebrauch, dieRechts", oderLinkssorm" darb.eten. Be» sonders sind die F e r m e n t e (Pepsin, Trypsin, Hese usw.)