rarckfurter Nachrichten, Sonntag dm 2t. Februar 1904
XIII. Wissenschaftliche Sitzung der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
Frankfurt a. M., den 20. Februar 1804- Vorsitzender: Dr. med. August Knoblauch. Zunächst teilt der Vorsitzende mit, daß ' Freiherr Dr.. Stromer°von Reichenbach, welcher Anfang November v. Js. im Aufträge der Gesellschaft eine p a l ä o n ° tologische Forschungsreise nach dem Na- tron-Tal in Unteregypten und in die liby- sche Wüste angetreten Hai, wiederum glücklich in München eiugeirosfen ist.
• Seine Tätigkeit teilte sich in zwei Wüstentouren von Fafum aus, in zloei Touren nach dem Uadi Nalrun und in Exkursionen nach dem Mokattamgebirge. Trotz mancher Ungunst der Verhältnisse, sofern die Reise in die kurztägige Zeit und zum Teil in den Jeftmonat fiel, auch außergewöhnliche klimatische Umstände recht hinderlich waren, tann sich doch Tr. Stromer eines nicht u n b e d e u - senden Erfolges freuen. Dagegen waren dem Reisenden aber auch manche Umstände günstig, wozu vor allem die Aequisition eines geschickten, zum Teil ortskundigen Sammlers gehört, dann u. a. die Gastfreundschaft der Herren von der Salt Company in Uadi Natrun und
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auch das Glück, daß sich Dr. Stromer trotz angestrengtester Tätigkeit fast immer bester Gesundheit erfreut hat.
Es galt die Reise besonders zwei Aufgaben: 1. dem Aussammeln von Schildkrötenresten in den eo° cänen und plivcänen Schichten, die durch die Bearbeitung des Herrn Albert von Reinach eine weitere Ergänzung der Kenntnisse der tertiären- Schildkröten Egyptens bringen sollen, und 2. der'Aufsammlung von Säugetierresten in den verschiedenen, besonders den Eocän- Schichten Egyptens. Es sind wenige Jahre- daß dort die ersten Reste der ältesten : Vorahnen der Elefanten (Palaeomastodon) entdeckt wurden; so ist es auch das egyptische Eocän, in dein man die ältesten Vorfahren der dugongartigen Sirenen (Eotherium) fand) endlich birgt. das Eocän Egyptens auch Reste von Tieren, die wohl als die ältesten Vorfahren der Zahnwale zu betrachten sind (Zeuglodonten). Von allen diesen führt Dr. Stromer wertvolle Reste, die alle eine wissenschaftliche Bearbeitung erfahren werden, den: Museum zu. Hierzu fügen sich noch andere interessante Sä uger-, Reptilien- und I i s ch r e st e. sowie reichliche K o n ch y l i e n aus den verschiedenen Tertiärschichten- Egyptens.
Dr. Stromer-von Reichenbach beabsichtigt, schon in einer der nächsten wissenschaftlichen Sitzungen der Gesellschaft einen Bericht über seine interessante Forschungsreise zu erstatten.
Hierauf hält Professor Dr. August Brauer aus Marburg einen Vortrag über
„Die Augen der Tiefseefische."
Nachdem der Redner darauf hingewiesen hat, wie die Tiefsee im allgemeinen in Bezug auf die Existenzbe-, dingungen zwar durch große Einförmigkeit ausgezeichnete ist, aber in Bezug auf die besonderen Lichtverhältnisse, welche durch leuchtende Organismen geschaffen werden, eine Sonderstellung gegenüber anderen Gebieten einnimmt, schildert er, wie wahrscheinlich in engster Be- ziehung zu diesem Licht das Auge der Tiere, speziell .der Fische, sich umgestaltet hat. Im Gegensatz zu früher herrschenden Anschauungen hat besonders das Material, das die deutsche T i e f s e e - E x p e d i t i o n uns gebracht hat, gelehrt, daß die Fische nicht blind sind oder schlecht sehen, sondern im Gegenteil in der größten Zahl außerordentlich hoch entwickelte Augen besitzen, zum Teil sogar viel höher differenzierte, als sie die Formen, die im Bereich des Sonnenlichtes leben, besitzen. Besonders fallen zwei Arten von Veränderungen auf, einmal eine starke, mitunter enorme Vergrößerung des Auges und dann die Umgestaltung zu einem bisher unbekannten Augentypus, dem sogenannten Teleskopauge. Während das gewöhnliche Fischauge seitlich gerichtet ist, die kegelförmige Retina einheitlich und der Abstand zwischen ihr und der Linse gering ist, ist das Teleskopauge nach oben oder nach vorn gerichtet, die beiden Augen liegen eng aneinander und stehen einander parallel, sie sind röhrenförmig. Die
Linse ist groß, die Pupille stark aufgeweitet, die Retina ist geteilt in eine H auptretcna , welche den Grund de^ Auges einnimmt und in weitem Abstand von der Luise liegt, und in eine Nebenretina, welche an emev Seite des Rohres in geringer Entfernung von der Linse liegt. Die Bedeutung dieser Veränderungen 'st wahrscheinlich darin zu suchen, daß die Nebenretma beonders sich bewegende und entfernte Obsekte.steht und die Annahe-, rrinq von anderen Tieren signalisiert- die Hauptretina dagegen, welche allein siir verschiedene Entfernungen akkomo- diercn kann, ein scharfes Bild von nahen Gegenständen gewinnen kann. Außerdem ermöglicht' die große Lmse, die weite Pupille und die Tiefe des Auges eine stärkere Aus- Nutzung der schwachen Lichtquelle. . Weiter schildert der Redner die interessante Entwicklung des Teleskopauges aus dem gewöhnlichen Auge. Sie erfolgt nicht durch einfache Vertiefung des gewöhnlichen Auges, sondern durch eine eigentümliche Drehung der Netzhaut und Iris, durch Verlagerung der Linse und durch eine Teilung der zuerst einheitlichen Retina in die Haupt- und Nebenretina.
Eine Anzahl künstlerisch ausgeführter Tafeln erläutert den lehrreichen Vortrag und gibt den zahlreichen Zuhörern ein anschauliches Bild von der monströsen Form und dem anatomischen Bau des Auges der Tiefseefische.
: In seinem Schlußwort dankt der Vorsitzende Herrn Professor B r a u er für seine interessanten Ausführungen und teilt mit, daß wegen der in acht Tagen stcrttsindenden ordentlichen General-Versammlung die nächste wissenschaftliche Sitzung erst am 5. März sein wird. In derselben spricht Oberförster O. Fleck über das anziehende Thema: „Der Wald im Winter".
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Errichtung eines Völkermuseums.
Stadtv. Wedel ist für Genehmigung der Vorlage.
Stadtv. Rupp ist gegen die Verbringung der Geger stände in ein altes Haus. Dort sei cs zu gefährlich. Redn« beantragt Verweisung der Vorlage an den Stiftung! ausschuß.
Stadtv. Dr. Q u a r ck bezeichnet die Gründung de Museums als eine Kulturtat. Was Herr Rupp sagt« treff Die Verlegung in das Senckenbergische Institut an be Viktor,a-Allee se, aber kein glücklicher Gedanke, das sei i ^?eripherie öer Stadt. Viel besser sei es. das Ethnogra Arsche Museum an den Zoologischen Garten anzugliedern ! Der Eingang könne direkt von der Straße sein.
Stadtv. W e l b fragt an. wie der Magistrat sich eigentliä dre Durch,uhrung der Münzgasse denkt. Er sei für die Bor läge s. Z. eingetreten und deshalb an öer Sache interessiert In der Karmeliterschule habe man durch die Fortbilöunas schule wieder ein Provisorium geschaffen, und jetzt wolle mar wieder ein Provisorium schaffen. Er warne entschieden davor Alle diese Dinge kosten der Stadt Unsummen. Dieser Lick zackkurs sei ihm unverständlich. Die Verlegung det Btuseums in den Zoologischen Garten sei durchaus nicht vor der Hand zu weisen. 1
p6erbürgeimeiffcet Dr Adick - s will nicht auf di« Straßendurchbrüch« eingehen. In der Münzgaffe handele e- sich nur um ein Provisorium von zwei bis drei Jahre» Di« Sammlung müsse zu Ostern aus der Handelsschule heraus und deshalb solle sie in das Gollsche Haus. Dasset die ein zige Möglichkeit, bis Ostern zu einem Resultat zu kommen Ueber das Definrtivum werde der Versammlung noch ein« besondere Vorlage zugehen. Die Frage, das Ethnographisch« Museum in den Zoologischen Garten zu legen, fei schon e£
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Stadtv. Dr. Caspari: Eine größere Sammlung könne dauernd im Zoologischen Garten nicht untergebracht werden Der Zoologische Garten habe auch nicht nötig, daß man ihm unt einer Sammlung unter die Arme greife. Die Eiw nahmen wachsen im ganzen Jahr. ■
Wedel ist für sofortige Genehmigung der Vor-
St'aötv. Dr. Heyöer ist ebenfalls für sofortige Genehmigung der Vorlage. B
Stadtv. Dr. Q uarck sagt, man müsse bei Errichtuna derartiger Institute auch an die Bewohner von Bornheim ; denken. d,e kein Theater und kein Museum hätten
Bei der Abstimmung wird die Vorlage ae. nehmrgt und der Antrag Rupp abaelebnt Die Vorlage, betr. Schaffung einer Bcmmeisterstelle beim Hochbauamt wird an den Hochbauausschuß verwiesen Sofort genehmigt werden dre Vorlagen betr CX etzung der StÄe eines Tierarztes im'Viehhof- Verl setzung eines Lehrers an der Bethmannschicke 'in den Ruhestand: Besetzung der SekundärarztKe beÄ Arm«,- und Siechenhaus: Haushaltsplan des Hosvitals zum heckten Geist für 1904. - Es folgen