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'"Wie beim Schiffsbau alle Vorsprünge usw. gemieden werden, um möglichst glatte Flächen zu erhalten, so sind auch bei den Walen alle vom Körper abstehenden L.r- ^aane von der Oberfläche verschwunden; das äußere Ohr fehlt, die Jortpflanzungsorgane sind ins Innere verlagert : und das Haarkleid ist der Reibung zum Opfer gefallen. ,Die Seehunde, die noch zeitweilig auf dem Lande leben, /haben als Wärmeschutz einen dichten Pelz von kurzen Haaren. Die Wale bedürfen als ständige Wasserbewohner !des Schutzes nicht mehr, sodann hat auch die mächtige Speckschicht, die ein schlechter Wärmeleiter ist, die Funktion des Wärmeschutzes mit übernommen. Somit wurde das lHaarkleid überflüssig, ja hinderlich und mußte schwinden, ebenso wie wir unsere Schisse zur Erzielung größerer Schnelligkeit von allen darauf sitzenden Pflanzen und Tieren reinigen lassen. Die Reibung verursachte auch eine festere Verbindung der beiden Hautschichten durch lange,

' wurzelartige Ausläufer. Die Embryonen der Wale haben noch Anlagen einzelner Haare, die der Sirenen sogar ein ganz dichtes Haarkleid, das aber nicht mehr durchbricht.

Als luftatmende Tiere müssen die Wale ständig an die Oberfläche kommen, daher ist die.Verringerung des spezi­fischen Gewichtes wichtig, um die Muskelkraft, welche ge­braucht wird, um die Riesenleiber schwimmend zu erhalten, auf ein Minimum zu reduzieren. Diese Verminderung zeigt sich nicht nur in der Ausbildung der Fettschicht, son­dern auch in dem leichtenSkelett, dessen Knochen weitmaschig und fetthaltig sind und sehr spät und langsam verknöchern. In dem dichten Medium des Wassers sind die Anforde­rungen, die an das Skelett in Bezug auf Festigkeit gestellt werden, sehr viel geringere als bei Landtieren.

Weitere tiefgreifende Verändertlngen mußten Platz grei> fen durch die Notwendigkeit des Tauchens - Die Wale fressen hauptsächlich kleine im Meere treibende Tiere, welche in den tieferen Wasserschichten häufiger sind als an der Oberfläche. Für ein langes Tauchen muß die Nase und die Lunge eingerichtet sein. Ein guter Verschluß der Nasenöffnung als Schutz gegen eindringendes Wasser, ein weiter Nasenkanal zum ergiebigen Austausch der Atemlnit und die Lage der Nasenöffnung oben auf dem Kopf an einer Stelle, welche beim Emportauchen zuerst an die Oberfläche kommt, sind als zweckmäßige Einrichtungen zu erwähnen. Der vielfach verbreiteten Ansicht, daß die Wale ans diesen sogenanntenSpritzlöchern" einen großen Wasserstrahl fontänenartig in die Luft senden, widerspricht der anatomische Bau der Nase. Ter Kehlkopf mündet als langes Rohr direkt in die Nase, so daß überhaupt kein Wasser aus dem Mund in den Nasenrachenraum gelangen kann. Der vermeintlicheWasserstrahl" ist nur eine Dunstfontäne, Atemluft mit Wasserdampf, der in der kalten Luft einen Wasserstrahl Vortäuschen kann.

Die Lungen sind durch den Reichtum an elastischen Fa­sern stark kontraktionsfähig, liegen dicht am Rücken und übernehmen somit auch den Dienst eines hydrostatischen Apparates zur Erhaltung des Gleichgewichtes

Die Augen sind gegen den starken Wasserdruck durch eine enorm dicke und feste Hülle geschützt, durch eine kugel­förmige Linse, abgeflachte Vorderfläche und Verstärkung der Cornea an den Widerlagern an das Sehen im Walser angepaßt und durch dichte Blutgefäßverteilung gegen Wär- weverlust gesichert. Bei den Zahnwalen zeigt sich eine enge Beziehung zwischen Form der Zähne und der Art der Nahrung. Die Bartenwale haben statt Zähne lange am Oberkiefer hängende Barten, die wir als ver­hornte, riesig entwickelte Gaumensalten auffassen müssen. Die Zähne werden beim Embryo noch angelegt, schwinden aber, ehe derselbe y% seiner Länge erreicht hat, weil sie bei der weichen Nahrung des Planktons funkbonslos gewor­den sind. Die Barten wirken bei der Nahrungsaufnahme als Siebe. Die Wale durchfurchen die Fluten mit offenem Maul, die kleinen Tiere bleiben an den Barten hängen, während das Wasser am Kieferwinkel abflicßt. Beim Schließen des Maules drückt die Zunge gegen die Barten, preßt das Wasser zum Kieferwinkel und die Nahrung nach hinten.

Von den inneren Organen imponieren der Magen und ' die Blutgefäße durch die riesige Größe.

Eine äußerst zweckmäßige Einrichtung sehen wir noch bei den Milchdrüsen. Ein äußeres Euter fehlt wegen der Reibung, die Zitzen liegen am Grunde einer Tasche. Um ein Eindringen des Meerwassers zu verhindern, legen sich die Lippen des jungen Wales zu einem engen Rohr zusani- men, welches nur für die Zitze eine Oeffnung läßt, außer­dem legen sich auch die Ränder der Tasche um das Maul des Jungen. Die Milch sammelt sich in einer Zisterne,

die mit starker Muskulatur versehen ist und es der Mutter ermöglicht, die Milch dem Jungen ins Maul zu spritzen.

Das Gehirn der größten Wale wiegt 10 Pfund und ist weitaus das größte Gehirn. Sein relatives Gewicht ist aber sehr gering und beträgt beim Grönlandswal nur etwa ^/so«»siel des Körpergewichts. Das Walgehirn übertriffj an Furchung das Menschengehirn, woraus man aber nicht auf eine besondere Intelligenz der Wale sch-'eßen darf. Die Ganglienzellen sind nur spärlich vorhanden und die tiefen Furchen dienen wohl nur zur Erleichterung des Stoff­wechsels und der Ernährung.

Ein Rückblick auf die an den einzelnen Organen ge­machten Wahrnehmungen zeigt überall eine Uebereinstim- mung von Funktion und Form.

Zahlreiche Wandtafeln mit Abbildungen von Walen und Einzelnen Organen, Schädel und ausgestopfte Tiere waren.

1 zur Erläuterung des interessanten Vortrages ausgestellt, der Saal war überfüllt und reicher Beifall lohnte den | Redner, dem auch der Vorsitzende; noch besonders dankte.

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frimhfurter Nachrichten, jst mSag den 29, November 1903

V. WificrrsckafMche Sitzung der Scuckenbergischen Natnrsorschenden , Gesellschaft.

' , Frankfurt a. M., 28. November 1903.

Vorsitzender: Dr. med. Au gust Knob la uch.

Vor Eintritt in die Tagesordnung ergreift der Vor sitzende das Wort zu einer bedeutungsvollen,! hocherfreulichen Mitteilung:

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben soeben aus Wunsch Sr. Majestät des .Kaisers das Protektorat über die Senckcnbergtsche Natur­forschende Gesellschaft übernommen.

Diese hohe Auszeichnung, welche noch keiner anderen wissenschaftlichen Körper­schaft zu teil geworden ist, ist ein Zeichen der Allerhöchsten Anerkennung der wissenschaftlichen Leistungen unserer Senckenbergischen Gesellschaft, auf welche diese selbst und unsere gesamte Vater­stadt stolz sein dürfen. Der Vorsitzende verliest die kaiserliche Kabinettsordre vom 2 3. November und ein Schreiben aus dem Kabinett der Kaiserin, welche bei der Versammlung eine begeisterte Aus­nahmefinden.

Hierauf spricht der Direktor des Zoologischen Gartens, Dr. A. S e i tz, über

eine Reise in die Nilghiriberge in Borvetinsien.

Nach einer herrlichen Reise bis Ceylon, auf dem Dampfer Bremen" vom Norddeutschen Lloy^, einem der besten Schisse der Erde und mit einem durch seine liebenswürdige Freundlichkeit und Fürsorge geradezu berühmten Kapitän Nierig, ging die Reise auf der sehr mäßigen englischen Ethiopia" bis zur Hafenstadt Tuticovin. Ein längerer Aufenthalt in dieser, fast nur von Schwarzen bewohnten Stadt ist für den Europäer kaum möglich, und die Um­gegend bietet so wenig Schönes, wie die ganze Strecke bis Madras. Wer sich Indien als ein märchenhaftes Zauber­land vorstellt, wird arg enttäuscht sein und mit Betrübnis den furchtbar schweren Kamps wahruehmen, den der Mensch dort für senre Existenz streitet, Redner sa h Kinder und

junge Weiber im tropischen Sonnenbrand ihr Brot mit Steinklopfen an Chausseen verdienen, und Hungersnot und Pest drücken der Bevölkerung den Stempel unsäglichen Elends auf. Von dem ewig heiteren Blick der üppigen Bewohner Ceylons ist in Südindien keine Spur zu finden. Ganz besonders die Weiber machen einen kümmerlichen Eindruck, worin der Vortragende vornehmlich eine ;;olge