Wenn mm der Fisch beim Schimmer in die Tiefe sich dem wachsenden Wasserdruck durch die Vermehrung des Sauerstoffes in der Schwimmblase anzupaffen vermag, im ergibt sich daraus die Notwendigkeit, daß auch nach der ent-, gegengesetzten Richtung eine Regulation des Schwimm- blasendrucks vorhanden sein, die Schwimmblase also noch über ein Organ verfügen muß, das bei abnehmenden» Wasserdruck eine Entfernung des.Sauerstoffs aus oem Binnenraume der Schwimmblase ermöglicht. Wenigstens- gilt dies für die große Zahl der Fische mit geschlossener Schwimmblase, wo also der Schwimmblasengang, durch den sehr wohl Lust ausgeschieden lverden kann, fehlt.
Nach meinen theoretischen Erwägungen war also fest- zustellen, welches in der Schwimmblase die Sauerstoff ab- scheidenden Organe und welches die Sauerstoff ausnehmenden sind.
Meine Untersuchungen haben mir nun folgende Restn- tate erbracht:
Es besitzt die Schwimmblase bei den Fischen, wo sie ge- ist, also keinen Schwimmblasengang aufweist, zwei ganz verschiedene Organe: 1. den roten Körper, 2. daH Oval.
Der rote Körper liegt der unteren Schwimmblasenwand auf — er ist beim Eröffnen der Schwimmblase sofort an seiner roten Farbe zu erkennen und besteht aus einem enorm verbreiteten und außerordentlich feinen Blutgefäße netz, das in der innersten der drei Membranen, welche bid Schwimmblasenwand konstituieren, zur Entwicklung ge», langt, und dessen Maschen von Drüsenzellen erfüllt werden^ die zu einem Epithelkörper sich zusammenschließen.
Die gewonnenen mikroskopischen Bilder haben mir nutt gezeigt, daß der rote Körper die für die Junktionsfähigkeit der Schwimmblase unbedingt erforderliche Sauerstoffdrüsö darstellt, welche also die Aufgabe hat, den Sauerstoff des Blutes zu verdichten und ihn nach dem Binnenraume der Schwimmblase überzuführen, entgegen einem weitaus höheren absoluten Partialdruck dieses Gases. Denn im Blute beträgt hier die Sauerstofstension nur sch Atmosphäre, während zum Beispiel bei den Fischen in den'Tiefen des Meeres der Sauerstoff im Schwimmblasenlumen eine Partialspan-, nung von 40 Atmosphären und mehr besitzt.
Der bei der Abscheidung des Sauerswsfs sich abspielende Vorgang ist, kurz gefaßt, folgender:
In den Blutgefäßen der Drüse gehen die roten Blut-! körperchen, die Elemente des Blutes, unter dem Einfluß dep Drüsenzellen — wahrscheinlich durch Abscheidung eines Giftes — zu Grunde. Ter im vorliegenden Falle hierbei frei werdende Sauerstoff, der vorher an die roten Blutkörperchen gebunden war, gerät in siatu nasesnäi unter eine relativ sehr hohe Tension und zwar unter eine von zirka 4 Atmosphären, wie ich es rechnerisch darlegen könnte. Damit ist es unausbleiblich, daß der Sauerstoff aus den Blut- kapillaren nach den angrenzenden Drüsenepithelien in großer Dichte überdifsundiert. Die Drüsenepithelien verdich- ,fen dann den Sauerstoff noch weiter, bis er die Spannung im Schwimmblasenlmnen erreicht. Demnach fällt der Anfang der Smierstoffverdichtung ins Blut und die Beendigung in die Drüsenepithelien, bis der Sauerstoff dann schließlich in Gasform und in erforderlicher Spannung durch die Drüsenausführungsgönge nach dem Schwimm^ blasenlumen abgeschoben wird'.
Lege ich z. B. der Betrachtung den Fall eines Meeres-» fisches zu Grunde, der sich in 60 Meter Tiefe aushölt, so» herrscht in seiner Schwimmblase ein Drnck von 6 Atmosphä-s reu — Druck von 10 Meter Wasser gleich 1 Atmosphäre —., Will nun der Fisch tiefer gehen, so kann er dies, wie ich noch später veranschaulichen werde, momentan durch Muskel- tätigkeit bewirken, will er sich aber auf dem tieferen Niveau, z. B. 65 Meter Tiefe, aufhalten, so muß er unbedingt die Schwimmblasenluft vermehren, um ihre Spannung auf . 6y 2 Atmosphären — entsprechend den darüber lastenden 65 Meter Master — zu bringen. Denn nur so ist er im stände, die Größe der Schwimmblase, die ja sonst infolge des größeren Außendrucks abnehmen würde, ans den früheren Dimensionen zu erhalten, und das ist nach obigen Aussübrunaen unabweisliches Erfordernis für die mit einer! Schwimmblase ausgerüsteten Fische. Demnach löst im ' vorliegenden Falle beim Schwimmen in die Tiefe dleReizuna vop Nerven die Tätigkeit der Sanerstoffdrüse in der Weise, aus, daß zunächst der Zerfall der roten Blutkörperchen ein- geleitet und dann von den Drüsenzellen der ihnen bereits unter einem Druck von zirka 4 Atmosphären zuströmende Sauerstoff auf eine Spannung von 6% Atmosphären gebracht wird. Denn nur in dieser Verdichtung kann er bei einer Tiefe von 65 Meter von der Drüse nach dem Schwimmdlasenlumen abgegeben werden und hier die Gas- menae vermehren.
Noch will ich erwähnen, daß bei den Fischen, die keinen roten Körper besitzen, z. B. den Angehörigen des Karpsen- geschkechts, wie Karpfen, Schleie, Rotfeder, eigenartige, nur mikroskopisch sichtbare Zellstränge an der inneren Schwimmblasenfläche als Sitz der Sauerstoffabscheidung anzusprechen sind.
Tie entgegengesetzte Funktion, wie der rote Körper, übernimmt das Oval. Dasselbe ist jedenfalls der für den Austritt des Sauerstoffs aus der Schwimmblase bestimmte, Ort, da es nach seinem Bau im stände ist, relativ große Mengen Gas anfzunehmen, und das ist notwendig, wenn der Fisch beim Uebergehen in höhere Wasserschichtcn den. Druck der Schwimmblasenluft verringern muß. Dieses Organ liegt in der Hinteren Hälfte der oberen Schwimm- blasenwand und ist hier nach Eröffnung der Schwimmblase nur bei genauem Zusehen mit bloßem Auge zu erkennen. Es stellt in der inneren Schwimmblasenfläche eine ovale Unterbrechung dar, deren Grenzen durch einen seinen' weißen Saum angedeutet werden.
Das Oval kann nun durch Wirkung von Muskeln geöfs- net oder geschlossen werden, sodaß es bald ein großes Areal einnimmt, ball: ein kleines. Meine Versuche zeigten, daß bei Tieren die eines natürlichen Todes gestorben waren, das Oval stark erweitert war, während es bei Fischen, diL im vollen Besitz ihrer Lebenskräfte plötzlich getötet wurden, auf ein Minimum zusammengezogen vorsand.
Nach dem Gesagten wird also der Fisch, wenn er nach oben schwimmt und sich in dem höheren Niveau anshakten will, zwecks nvtwendiger Verminderung der Schwimmblasenlust das geschlossene Oval mit seinem außerordentlich reichen! Blutgesäßnetz öffnen und hier den in hoher Tension befindlichen Sauerstoff aus dem Schwimmblasenlumen ins Blut übertreten lassen. Natürlich ist dies als keine bewußt^ Tätigkeit des Fisches anzusehen.
Jnteressanterweise haben nach meiner Untersuchung die Zische, die kein Oval besitzen, einen Schwimmblasengang, der ihnen gestattet, überschüssiges Gas aus der Schwimmblase einfach mechanisch zum Maule hinaus zu entfernen. Oval und Schwimmblasengang schließen sich also gegenseitig aus und sind damit physiologisch gleichwertige Apparate.
Berücksichtigt man schließlich die erhebliche Sauerstoss- menge im Binnenraume der Schwimmblase, so kommt man szu einem ganz überraschenden Schluß: Es niuß die innere ^Auskleidung der Schwimmblase unabweislich in der Richtung nach außen für Sauerstoff undurchgängig sein. Andernfalls würde durch dieselbe unter dem hohen Sauerstoff, drucke im Schwimmblasenlumen eine so mächtige Aufnahme dieses Gases eingeleite werden, daß wohl keine nur mögliche Tärigkeit der Sauerstoffdrüse ihr das Gleichgewicht fallen könnte.
Auszunehmen von dieser Undurchlässigkeit für Sauerstoff wäre die innere Ueberkleidung des Ovals, die selbstverständlich für Sauerstoff durchgängig sein muß. Dafür kann aber bas Oval nach dem Schwimmblasenlumen hin abgeschlvssen Werden, wie oben auseinandergesetzt, so daß, wenn es nicht in Tätigkeit tritt, die Schwimmblase nur von sauerstoff- undurchlässigem Gewebe ausgekleidet ist.
Die ganze Tätigkeit der Schwimmblasenorgane, also des roten Körpers und des Ovals, wird offenbar in der Weise ausgelvst, daß einmal bei Ausdehnung der Schwimmblase über ein gewisses Maß, das heißt beim Schwimmen nach oben, eine bestimmte Art von Nervenfasern in der Schwimm- blase gereizt wird und Oeffnung des Ovals und damit Sauerstoffaustritt, beztv. Uebertritt ins Blut erfolgen. Wird das Volumen der Schwimmblase zu klein, das heißt beim Schwimmen in die Tiefe, so wird die entgegengesetzt wirkende Art von Nerven erregt und der rote Körper zur Sauerstoffabscheidung veranlaßt. !
Nach diesen Erörterungen über die Gasvermehrung und 1 -Verminderung in der Schwimmblase will ich hieraus die Folgerungen für die Funktion der Schwimmblase Ziehen und dem Leser vor Augen führen, welche Aufgaben dieses Organ dem Fische zu erfüllen hat-
Die Literatur weist eine sehr große Anzahl von Untersuchungen auf, die sich mit dieseni Problem beschäftigt haben. Zwei Erklärungen der Schwimmblase sind es da, die um die Oberhand kämpfen: Hier Atmungs-, da statisches Organ. Letztere Anschauung ist von den meisten Forschern vertreten worden; aber auch hier gehen die Meinungen west auseinander, und es ist keine Einheitlichkeit in sie zu bringen Für die Auffassung der Schwimmblase als Atmungs- vrgan haben meine Untersuchungen nicht den geringsten Anhalt ergeben. Wohl hat Jacobs gezeigt, daß der Aal, der erwiesenermaßen öfters das Wasser verläßt, um über Felder und Wiesen zu wandern, in dem Schwimmblasengang ein Organ besitzt, mit Hülfe dessen er währenddes ' Aufenthaltes außer Wasser den Sauerstoffsei-