„Nun, Mylady?" drängte der Ungeduldige. .Ich kenne kein Hinderniß in der Welt, das stch nicht beseitigen ließe."
.Mit einem Wort", sagte die Dame rasch, .Angelica ist be. rettS Braut."
Wieder trat eine lange Pause ein.
.Hm, die Frau ist wenigstens ehrlich, das muß man sagen , dachte der Baron. .Ich bin doch gespannt, wo das Alles hinaus soll."
Wieder ließ stch jetzt die Stimme des Amerikaners vernehmen. .Es ist nicht schön von Ihnen, Mylady, daß Sie mir das erst heute sagen und nicht schon am ersten Tage mitgetheilt haben. Dieser Umstand verändert allerdings die Sache. Es ist das einzige Hinderniß, aus das ich nicht gesüßt war."
Wieder Kat eine Pause ein,, — eine lange Pause. Endlich sagte die Dame:
.Sie würden mich mißverstehen, Mister, wenn Sie glaubten, daß uns dieß Hinderniß besonders erfreulich wäre. Ich kann Sie versichern, oaß wir es innig bereuen, unS zu voreilig gebunden zu haben."
.Darf man wissen, wer der Glückliche ist?"
.Mein Gott, es ist ein unbedeutender Mensch, ein unselbständiger junger Mann. Ich hatte niemals an diese Möglichkeit gedacht, noch solche Ansprüche begünstigt; aber wie cs zu gehen pflegt, Familienrücksichten, wiederholte Begegnungen, dazu die Hoffnung, daß etwas aus ihm werden könne, dir Aussichten auf Ehre wld Ruhm, der Nimbus des sogenannten Genies — denn er ist ein Künstler — endlich die unerfahrene Jugend meiner Tochter — so hat eben Alles zusammengewirkt, aber ich mich sagen, sehr gegen meinen Willen!"
„Wenn das VerhSliniß einmal erklärt ist, wird stch nicht viel dagegen machen lassen", sagte der Amerikaner resignirt.
.O, daß Sir Recht haben müffen I" seufzte die Dame. .Daß e8 gar kem Mittel gibt, Geschehenes ungeschehen zu machen I Ja, wenn der unerhörte Fall eintreten könnte, daß er freiwillig znrück- käte, daß er sein Wort zurücknähme — ich wage gar nicht, mich diesem Gedanken hinzugeden, aber wenn das Ihnen gelänge, Mister, — dann mit tausend Freuden ja! Sie würden uns als Retter und Erlöser willkommen sein!"
Der Amerikaner erwiderte auf diese kluge Idee nichts.
(FvrtsHunx folgt.)
Ein Dich- und Pferdemarkt bei denKirgisen.
Von O. Jt.
Anfang September des vorigen Jahres hatte ich die Verwaltung des Gutes M. im Gouvernement Simbirsk übernommen. Da ich im lebenden Inventar der Stallung mele Lücken vorsand und mich wenigstens einrgermaßen für die Frühjahrsardeüen sichern wollte, entschloß ich mich, zum beoorstchendw Jahrmarkt nach No- vousensk zu fahren, um bei dm Kirgisen so viel zu kaufen, als «eine schwache Gvtscaffe zm Zeit vertragen komrte.
Gegen Ende September (rüsi. St.) reiste ich nach der vom Gut 40 Werst entfernten Kreisstadt Syssan an der Wolga, um von dort per Dampfschiff abwärts bis Bolokov zu fahren. Der. Landungsplatz der Dampfschiffe rft von der Stadt etwa 5 Wer't j entfernt und der Wartesaat besteht nur aus einem leichten Bretter- Häuschen Alf einer Barke. Als Meublement gibt es oret rohe Holzbänke, jedoch nur für erste und zweite Gasse, während die dritte Gasse im Freien campirt. In diesem Gelaß oder Stall, wie «an es nennen will, existirt außerdem kein Ofen und an Leb-ns-
müteln bekommt «an höchstens Aepfrl und Arbusen (Wassermelonen) zu kaufen.
Hier hatte ich nun das Vergnügen, volle 24 Stundm auf den Dampfer warten zu müssen, da dcrsslbe, was wohl öfter vorkommt, auf irgend er rer Sandbank festgefahren war. Vierund- zwanzig Stunden seinen Magen nur mit Aepfeln und Ardusm zu beruhigen, gehört aber zu den kleinen Unannehmlichkeiten, welche man auf einer Reise im Innern Ruß'rnds gewohnt werden muh. Dazu pfiff der rauhe Herbstwdid dmch die Fugen des Bretter- häuschens, und da ein bequemeres Mittel zur Erwärmung nicht vorzufilidrn war, so mußte man es noch schätzen, daß die Zudringlichkeit der zahlreichen Wanzen und Flöhe uns Passagiere in steter Bewegung hielten. Den Platz zu Verlusten ist nicht räch- ltch, da der Dampfer jeden Augenblick erwartet wird, und so muß man stch denn wohl oder übel in das Ungemach fügen. Endlich schlug unsere Erlöfimgsftunde und wir schifften uns ein. Die Ufer der Wolga bieten hier nichts Interessantes, ich gebrauchte daher die zehn Stundm der Wafferfahrt, um mich durch Schlaf und kräftiges Essen für die bereits erlittenen und noch bevorstehen- den Skapazrn zu stärken.
Novuusensk ist einer der äußersten Vorposten nach der Krrgifen-- steppe zu und stand mir nun noch eine Fahrt von 200 Werst aus einer russtschen Talage bevor. Letzteres ist ein Fuhrwerk, in welchem der Sitz direct auf der Hinterachse ruht, so daß also jede Unebenhest des Bodens (und die russtschen Wege haben deren sehr viele) dem Passagier getreulich fühlbar gemacht wird.
In Bolokowo angekommen, kaufte rch mir einigen Proviant ein, engagirte mir einen Jämfchtschick (Fuhrmann), und fort ging es über die weite Steppe vrs zu einem Tatarendorf, wo ich hoffte, andere Fohrarlegenhen zu finden. Um 3 Uhr Nachmittags Not wir, d. y. ich nnd ern Ochsentreiber, welchen ich mitgenommen hatte, auf unserer erstm Station an. Es war ein trauriges Tata- rennest, fast nur mi8 Lehmhütten ohne Dach bestehend; nur einige Holzhäuser zeichneten stch vortheilhast ans. Vor dem einen sah ich einen kräftigen jungen Burschen in Weste und Jacke nnd mit einer kurzen deutschen Pfeife im Atund; eti: eben so gemächlich dratsches Gesicht mit der unvermetülichen .Ruddel" im Munde sah aus dem Fenster.
Sofort befahl ich meinem Kutscher, anzuhalten, und — wie ich geahnt — ich befand mich in einer Familie deutscher Colonisten and ward als .Deutschiänder" von Allen mit warmem Händedruck empfangen. Leider konnte ich mich nicht lange anfhalten; doch übernahm es mein Wirth selbst, mich weiter zu befördern. Mein Kutscher, der Sohn der Colonisten, hatte drei kräftige Baschkirenpferde vor feine Talage gelaunt. Bald saß ick in derselben, dir Pferde zogen an, lustig klang das Glöckchen unter der Duga (Bügel über dem Mittelpferd) und fort ging's in tollem Jagen über den harten, ausgetrockneten Boden dahin. Rings umher. so weit das Auge reicht, rft nichts zu sehen, als Himmel und Steppe, kein Baum, kein Strauch, Md nur selten begegnet man einem Fuhrwerk. Aus dieser Fahrt von 70 Werst kamen nah: nur durch ein Dorf. Ich war froh, einen so tüchtigen Fuhrmann und so gute Pferde zu haben; wir hatten die 70 Werst in 6 % Stunden zurückgelegt. Die ädrigen 100 Werst legten wir ohne Abenteuer rasch zurück und kamen den andern Tag gegen Mittag in Nsvousensk an. Schon unterwegs stießen wir auf bedeutende Mehheeroen, welche vom Ziel unserer Reise zurückkamen, und ! Erholten lange Wagenzüge, welche m Jahrmarkt mit diversen Wasren fuhren. '
Endlich kamen wir an. Ich fand glücklicherweise noch ein Quartier, d H einen Bretterverschlag in einer Lehmhütte, 8 Fuß lang und 6 Fuß breit , außerdem noch gegen ein Trinkgeld ein Brei, wovon ich mir eine Bank machen konnte, Md vier Nägel