rvie sie das Gefängnis nennen, weil sie dort norwegisch lernen müssen. Im Gefänjgnis gefällt es ihnen ganz gut, denn das Leben ist dort viel behaglicher als in der Tundra, in der im Winter 40 Grad Kälte keine Seltenheit bedeuten. Selbst im Mai kommen noch 30 Grad Kälte vor. Viele interessante Einzelheiten konnte Herr Wustmann noch von den Lappen berichten, vom Teufel Alkohol, der sie allmählich degeneriert, von den Medizinfrauen und dem sonderbaren Christentum, dem sie huldigen, wobei es ihnen nicht darauf ankommt auch noch einmal den alten heidnischen Göttern zu opfern. Zahlreiche schöne Lichtbilder, prächtige Filme und phonographische Aufnahmen rundeten den Vortrag zu einem eindrucksvollen Erlebnis. R. Mösinger.
Das nociiöftlidiG 3entcalanatolien
Im Frankfurter Orient-Institut berichtete Professor Dr. H. Schrepfer- Würzburg über eine Reise durch das nördliche und nordöstliche Anatolien, die er im Sommer 1937 im Auftrag der türkischen Regierung gemacht hat, um die Wasser- vcrhältnisse in diesen trockenen und wasserarmen Gegenden zu studieren, die fruchtbar und weit ertragreicher sein könnten, wenn für Bewässerung gesorgt wird. Professor Dr. Schrepfer schilderte vor allem die Eigenart der Landschaft, die vielen kahlen Berge und die dazwischen liegenden steppenartigen Hochebenen, während sich in den Flußtälern, so im Tale deö Kisil Jrmak, deö Halys der Alteh, fruchtbare Obstgärten breiten, da Wasser vorhanden ist. Kisil Jrmak bedeutet übrigens „Roter Fluß", eine Bezeichnung, die durchaus richtig ist, denn der Fluß bringt von seinem Oberlauf gelösten Ton zu Tal, der ihm eine rote bis rotbraune Farbe verleiht. Viele der kleinen türkischen Städtchen wurden dabei besucht, wie Josgad, Kaiser!, Dschorum, Amasia, Togad u. a., die alle darin übereinstimmen, daß das geschäftliche Leben sich in einem Bazar oder in einer Bazarstraßc zusammendrängt, während die übrige Stadt, die Wohnviertel, in tiefstem Frieden und feierlicher Ruhe liegen. Die Bauern Nordanatolicns sind bescheidene, fleißige Menschen, die auf kargem Boden mit alten Werkzeugen magere Ernten nach Hause bringen. Nur in der Nähe des Schwarzen Meeres blüht auf einem schmalen Küstenstrich der Tabakbau, vor allem in der Gegend von Samsun, das alö Hafeuplatz allmählich das alte Trapezunt überflügelt, da eö günstiger liegt. Nordanatolien ist alter historischer Boden, der zahlreiche Kulturen getragen hat, die man nun in den Ruinenstätten wieder an das Tageslicht bringt. Professor Dr. Schrepfer gab zum Schluß ein eindrucksvolles Bild einer Besteigung des Erschias Dagh, eines 3900 Meter hohen, für erloschen gehaltenen Vulkans, der seht aber wieder, wohl als Folge der großen Erdbeben in Anatolien, seine Feucrgarben zu Himmel schickt.
R. Mösinger.
■Rltamerikanifdie Kulturen.
1938/39 hat dev Direktor des Hamburger Völkermuseumö, Prof. Dr. F. Tcrmer, eine Forschungsreise zum Studium altamerikanischer Ruinenstättcn durch das pazifische Küstenland und das von vulkanischen Gebirgen durchzogene Hochland des zentralamerikanischen Staates Guatemala gemacht. Professor Termer, der Amerika schon früher wiederholt zu wissenschaftlichen Forschungen besuchte, teilt die Entwicklung Altamerikaö in drei Abschnitte ein und zwar: 1. die archaische Zeit seit etwa 2000 vor Ehr., 2. die Tolteken-Zeit vom 5. bis zur Mitte deö 14. nachchristlichen Jahrhunderts und 3. die Azteken-Zeit von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zur Eroberung Mexikos und Zentralamerikas durch die Spanier Anfang des 16. Jahrhunderts.
Gleichzeitig mit der toltekischen Entfaltung in Mexiko entstand die in Baukunst, Kunst und Wissenschaft zu staunenswerter Höhe entwickelte Kultur des damals auf der mexikanischen Halbinsel Pukatan sowie in den Gebieten von Guatemala und Honduras lebenden Volkes der Maya, deren gewaltige Pyramidcntempel und feste Wohnbauten sogar die unbarmherzig mit dem Christenkrcuz, Feuer und Schwert vorgehenden spanischen Conquistadoren in Staunen versetzten. Neben der archaischen, toltekischen und gztckischcn Zeit in Mexiko und Zentral-Amerika enttalteie sich auch die vor allem in Peru und Bolivien zu höchster Blüte entwickelte vor-inkaische und inkaische Kultur Südamerikas. Leider wurden die damals noch blühenden Stätten altamerikanischer Kulturen in Zentral- und in Südamerika von den eindringenden Spaniern so gründlich zerstört, daß es der Wissenschaft heute sehr schwer fällt, sich ein einigermaßen klares Bild von den ohne Zweifel in ihrer Art hochentwickelten Kulturen Altamerikas zu machen.
Gerade Guatemala, wo die Kulturen Altamerikas im Laufe von drei Jahrtausenden bis zur Ankunft des Columbus einander überdecken und ablösen, bietet eine Reihe wert
voller Fundstätten, insbesondere Tempelruinen, über die heute der Pflug dahinstreicht oder das Dschungel wuchert. Fluß- übcrschwemmungen in dem lagunenartigen, pazifischen Küstengebiet haben in den letzten Jahrzehnten eine Anzahl solcher Fundstätten im Schlamm versinken lassen.
Prof. Termer zeigte insbesondere künstlerisch eigenartig schöne, bezeichnende Steinbildwerke, Bilder von Gottheiten der archaischen, toltekischen, Maya- und aztekischen Zeiten. Geheimnisvoll darunter Köpfe, die auf der einen Gesichtshälfte ein totes und auf der anderen Gesichtshälfte ein lebendes Antlitz darstellen. Immer wieder werden hohe Gottheiten alö Schlangen mit gespaltener, weit herauöhängender Zunge abgebildet. Auffällig auch ein von Professor Termer auögegra- bener, scheibenförmiger Stein mit dem Sonnenzcichen. Vielleicht diente er als Opferstein. Ein dem Kreuz ähnliches Zeichen spielte in den altamerikanischen Tempelstätten, darunter vor allem bei den Maya, eine wahrscheinlich sehr wichtige Rolle. Sicherlich ist es aber nicht in vorkolumbischcr Zeit etwa durch christliche Apostel nach Amerika gelangt. p. f.
Fjat Columbus Amerika entdeckt?
Die ooccolumbifdie Kenntnis flnierikns im Lichte der neuesten Zorschung.
Als 1492 der Genueser Christoph Columbus Amerika entdeckte, da war es nicht eigentlich die erste Entdeckung dieses Landes, denn heute ist die Wissenschaft sich darüber einig, daß Menschen aus Europa schon den Boden des heutigen Ämerika betreten haben. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß Amerika um 1500 erreicht worden wäre, auch wenn Columbus nicht gelebt hätte. Denn ganz unabhängig von ihm gelangte der Italiener Cabote 1497 ans nordamerikanische und Eabral 1500 ans südamerikanische Festland. Wenn auch sicherlich. die Zeit reis war, daß ein Weg nach Amerika gesunden wurde, so bleibt es doch das ungeschmälerte Verdienst von Columbus, diesen Weg zuerst gebahnt zu haben. Wenn man auch bisher annahm, daß die wenigen Fahrten grönländischer Normannen um das Jahr 1000 die einzige vorcolumbische Kenntnis von Amerika vermittelt hätten, so hat die Wissenschaft doch heute zwingende Belegstücke beigebracht, aus denen hervorgeht, daß lange vor Columbus Begegnungen zwischen Europäern und Indianern stattgefunden haben. Der Düsseldorfer Gelehrte Prof. Dr. Hennig, der sich die Untersuchung dieser Fragen zur Lebensaufgabe gemacht hat, trug vor der Senckenbergischen Natursorschenüen Gesellschaft die Ergebnisse feiner bisherigen Forschungen und Untersuchungen vor. Danach unterliegt es heute keinem Zweifel mehr, daß in Grönland um das Jahr 1000 ein Normannenstamm ansässig war, der regelmäßige Fahrten nach Amerika unternahm, um dort das für die Grönländer Normannen wichtige und notwendige Hol; zu holen. Bei ihren ersten Landungen in Amerika fanden die Normannen in dem neuen Land Weinbäume, die, wie Prof. Dr. Hennig Nachweisen konnte, heute noch in Amerika vorkommmen. Danach nannten sie das Land „Binland", wobei sie nicht wußten, daß sie sich auf einem neuen Kontinent befanden, sondern vielmehr glaubten, eine der vielen Inseln des Ozeans erreicht zu haben. Die wichtigsten Belege dafür hat die Erde hergegeben. So vor allem das Wikinger-Grab in der Hudson-Bay, das jetzt als echtes Wikingergrab nachgewiesen werden konnte. Ein weiterer wichtiger Beleg ist ein Runenstein, der 1362 im Land um die großen Seen in Amerika gefunden wurde. In späteren Jahrhunderten sind dann die Normannen von den Grönländern verdrängt worden und sind sehr wahrscheinlich nach Amerika ausgewandert. Davon kündet eine knappe Notiz aus dem 14. Jahrhundert, die in Irland gefunden worden ist. Prof. Hennig glaubt die Reste dieser nach Amerika ausgewanderten Normannen in den weißen Indianern, die in dem Land um die großen Seen gefunden wurden, entdeckt zu haben. Auf diese Weise erklärt es sich auch, daß heute noch in Grönland Menschen festzustellen sind, die durchaus normannischen Typus haben. Es dürfte sich dabei um Reste jenes normannischen Stammes handeln, die nicht mit nach Amerika auswanderten, sondern sich mit den Grönländern vermischten. Darüber hinaus hält Pros. Hennig es durchaus für möglich, daß schon Menschen des Al- tertums, vor allem Phönizier und Karthager, nach Amerika gekommen sind. So ist heute der Nachweis gelungen, daß schon die Mayas Kenntnis des Christentums hatten. Man hat Darstellungen der Mayas gefunden, die unverkennbar als Kreuzigung, Wassertaufe und Ohrenbeichte zu erkennen sind. Damit dürste ein christlicher Einfluß in Mexiko lange vor Columbus nachgewiesen sein. Ein weiteres wichtiges Belegstück wurde in einer Wandmalerei aus dem 13. Jahrhundert in Schleswig gefunden. Auf dieser Wandmalerei ist ein Truthahn dargestellt, ein amerikanischer Vogel, der damals in Deutschland unbekannt war und dessen Kenntnis nur aus Amerika kommen konnte. Wenn auch keine schriftlichen Quellen uns von jenen Grönländer Normannen künden, die kühn die Welt unisegelten,
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