Gegründet 1722

Gegründet 1722

Stummer 297b

Montag, den 26. Oktober 1914

193. Jahrgang.

SW»

Günstiger Stand der Kämpfe auf allen Fronten.

WTB. Großes Hauptquartier, 26. Okt., vorrn.

Westlich des Aserkanals zwischen N i e u - Port und D i x m u d e n, welche Orte noch vom Feinde gehalten werden, griffen unsere Truppen den sich dort noch hartnäckig wehrenden Feind an. Tas am Kampfe sich beteiligende engli­sche Geschwader wurde durch schwe­res Artillerirfeuer z^um Rückzu gezwungen. Drei Schiffe erhielten Vo l t r e f f e r Das ganze Geschwader hielt sich öj auf am 25. nachmittags außer Sehweite.

Bei I p r e s steht der Kampf. Süd!

ApreS, sowie westlich und südwestlich von Teile machten unsere Truppen im Angriff gute Fortschritte. In erbittertem Häuserkampf erlitten die Engländer große Verluste und liehen über 500 Gefangene in unseren Händen.

Nördlich ArraS brach ein heftiger französifcherAngriff in unserem Feuer zusammen. Der Feind hatte starke Verluste.

Aus dem östlichen Kriegsschauplatz schreitet unsere Offensive gegen Au­gust o w vorwärts. Bei Jwangorod steht der Kampf günstig. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Der deutsche Vormarsch in Nordwesten

Köln, 26. Okt. (Ctr. Bin.)

.®ieKölnische Zeitung" meldet von der holländischen Grenze:

Laut AmsterdamerTelegraaf" dauert der Kamps an der Küste fort. Das Schlachtseld reicht von Ostende bis nach Mittelflandern. Deutsche Marinetruppen besetzten Heyst und Knocke, sowie eine Anzahl Dörfer zwischen Stuys und Brügge. Alle Engländer erhielten den Befehl, das Land zu verlassen. DemNieuwe Rotterdamsche Courant" zufolge haben die Deutschen die Gefechtslinie über 60 Kilometer nach Westen verlegt uno liegen setzt gerade vor Arras. Unaufhörlich donnern die Geschütze. Die Kampslinie läuft gegen­wärtig in gerader Richtung von Arras nach Adern bis Dixmuden. Aus Touai und vielen anderen Städten ist die Bevölkerung geflohen. lB. Z.)

Die Strategie

des deutschen Generalskabes.

WIB. London, 26. Olt. (Nichtamtlich.)

Der militärische Mitarbeiter derMorning Post" schreibt:

Was man sich über die Strategie des deutschen General stabcs in der gegen­wärtigen Krise denken möge, so sei es doch unmög­lich, nicht die Energie und Geschwindigkeit zu be­wundern, mit der er jede Gelegenheit zur Oflen- s i v e verfolge. Er habe sogar die Geschwindigkeit der Bewegung übertrieben und zu Beginn des Feldzuges in Frankreich den Grundsatz, den Erfolg ouszunutzen, zu einem Extrem geführt, dem Marsch­vermögen der Truppen und Leistungsfähigkeit des Train§ nicht gewachsen waren.

Nachricht von derNürnberg".

(Ctr. Bin.) Der in Honolulu erscheinende Pacific Commercial Advertiser" schreibt am 2. September über die Abfahrt des deutschen kleinen KreuzersNürnberg" aus dem dortigen Hafen u. a. folgendes:

Die Verdecks klar zum Gefecht und ohne Lichter ist gestern abend um 9 Uhr 20 Minuten oer deutsche kleine KreuzerNürnberg", Kapitän Carl von Schönberg, in See gegangen, nachüem er erst am frühen Morgen des gestrigen Tages hier ange- kommen war, um in aller Eile Kohlen und Pro- diant einzunehmen. Draußen sollen nach hierher

gelangten Berichten der australische Panzerkreuzer Australia" uno der TorpedoüootszersiörerWare- go" liegen, die auf ihn seit Tagen vergeblich Jagd gemacht haben. Als das schnelle kleine Kriegs- sahrzeug in den Kanal einfuhr, riefen ihm mehr als hnnoez^ Mitglieder der hiesigen deutschen /grüße zu und saugenTie Wacht reno die Besatzung o.s amerilani- Dakota" ihm ein dreimaliges Hurra nach,chickte, welches von den annschaften in gleicher Weise erwidert

Kolonie am schen

che

wurde. Nach wenigen Minuten war der deutsche Kreuzer im Dunkel der Nacht verschwunden. Die Nürnberg" hätte noch bis heute 7 Uhr Zeit ge­habt mit ihrer Abfahrt, doch dürsten die Gerüafte über das Nahen der britischen Kriegsschiffe Kapi­tän von Schönberg veranlaßt haben, die Nacht zur Abfahrt zu benutzen. Der hiesige deutsche Konsul Georg Rooick war der Letzte, der sich von dem deutschen Schisssiommanoanten verabschiedete, dessen letzte Worte waren:Die Nürnberg mag unser Sarg werden, wir werden' uns niemals ergeben."

Heute mittag 12 Uhr fand in der Aula der neugegründeten Frankfurter Uni­versität der Eröffnungsakt statt. Schlicht und ohne allen äußeren Prunk verlief die feierliche Stunde. Das gesamte Dozentenkollegium und das Häuslein noch in Franlsurts Mauern weilender Studierender hatte sich eingesunden. Als einziger Redner betrat der Rektor der Universität Prof. Dr. Wachsmuth das Rednerpult und begann:

Rede des Rektors.

Verehrte Herren. Kollegen! Liebe Kommilitonen!

Bon einer jeieriichen Eröffnung,^ wie sie in Aussicht genommen war," ja jchreiot am 8. Angusl der Minister,wird unter den gegenwärtigen Ver­hältnissen Absmnd genommen werden müssen." Wie Berlin 1810' ohne weiteres seine Arbeiten be- gann, so dürste man auch nun in Frankfurt han- oetn müssen. Der Kaiser hatte den 18. Oktober als den Eröffnungstag der Universität bestimmt, weil der 18. Ottober der Gedenktag der Schlacht bei Leipzig und der Geburts­tag Kaiser Friedrichs war, dessen Interesse für Franksurt sich ojtmats betätigte.

Frankfurts Bürgersinn hat den Grund zur Universität gelegt, die Huld Seiner Majestät ruft sie ins Lebe n." Mit diesen Worten begann die Ein­ladung, die unsere Lima inator ins Land hinaus­senden wollte. Nun sind die Einladungen nicht ergangen, aber die kurzen Worte umfassen in knapper Form die Geschichte der neuen Stätte der Gelehrsamkeit. Der Name Dr. Senckenbergs ist in den von ihm gegründeten medizinischen In­stituten unsterblich geworden. Kleinere Stiftungen folgten, aber erst 1866 stieg der Gedanke auf, die Frankfurter wissenschaftlichen Bestrebungen zu einer Universitas zusammenzufasfen. Reis waren diese Gedanken dgrum noch nicht, und es dauerte nahezu 50 Jahre, bis Exzellenz A d i ck e s durch die Gründung unserer Universität sie verwirklichen konnte. Den Boden bereiteten an hundert Stif­tungen, von denen die I ü g e l s ch e S t i f t u n g die Errichtung der notwendigen Bauten ermög­lichte und die der Universität zufließenden Spenden der Frau Franziska Speyer den völligen Ausbau der Universität ermöglichten- Den Schlußstein bildete der Hinzutritt der Stadtgemeinde Frankfurt, die ihre medizinischen Institute in den Dienst der Universität stellte.

Etwas Neues, nie Dagewesenes gewann Leben und Wirklichkeit, eine königlich preußische Universität, von Bürgern gestiftet und durch private Mittel erhalten.

Dankbar zu begrüßen ist das lebhafte Interesse des preußischen Kultusministers v. Trott zu Solz, das er der Neugründung von vornherein entgegenbrachte. Am 5. März 1910 berief Ober­bürgermeister Dr. Franz Adickes die Vertreter der großen Frankfurter Wissenschaftlichen Jnsti tute und Gesellschaften zusammen, und es wurde notwendig, durch diese Versammlung erst den Gedanken einer freien Universität, wie ihn besonders eine Frankfurter Zeitung emp­fahl, zu widerlegen. In Deutschland ist eine nicht staatliche Univerlität un

möglich. Man faßte nun ins Auge, daß die Gesellschaften in Wahrung der Selbständigteit in der Verfolgung ihrer Sonderausgaben gemeinsam arbeiten sollten. Im Februar 1911 erschien die aus Grund dieser Versammlung verfaßte Denkschrift. Am 3. März 1911 gelangte die Vortage des Magistrats über den Beitritt der Stadt Frankfurt zur Unioersitäts- gründung an die Stadtverordnetem Am 14. Puni wurde der Bericht des Ausschußes erstattet, und am 29. Juni 1911 erteilte die Stadtvcrord- neien-Bersammlung der Magistratsvoriage ihre Zustimmung. Nunmehr konnte am 29. und 60. September 1911 die erste Verhandlung mit dem Kultusministerium siattsindem Daoei mußte mancherlei sallen, was man vereinbart hatte, aber es wurde doch vieles erreicht, das man wenige Jahre zuvor noch für unmöglich gehalten hätte Jetzt erhob sich die gewichtige Frage,^ o b d i e Gründung einer Universität von einem Landtagsbeschluß abhängig sei, oder ob sie lediglich einen Willens- ! t d e s K ö n i g s d a r st e l l e. Sie wissen alle, welche Lösung die Frage gefunden hat. Am 21. März 1912 wurde der Vertragsentwurf zwischen der Akademie, der Stadt Franksurt a. M., dem JnstitutjürGemeinwohl, der Georg und Franziska S pe y er' j che n Studien- siiftung, der Karl Christian Jügel- ft i f t u n g, dem Physikalischen Verein, der Sencken belgischen Natursorschen- d e n Gesellschaft, dem S t e r n ' s ch e n medizinischen Institut und dem Zahn­ärztlichen Institut Carclinum srstge- stellt, der nachher am 28. September 1912 zu einem festen Vertraesschlusse führte, dem auch das Neurologische I u st i 11 ; t beitrat.

Am 18. Mai 1912 erging die kaiserliche Kabinettsordre an pen Kultusminister, die vor der Genehmigung der Universität den Nachweis der erforderlichen Mittel verlangte. Am 20. Fe, bruar 1913 konnte der Kultnsminisier in einem Schreiben an Dr. Adickes die Bestätigang geben, daß dieser Nachweis in vollgültiger Weise erbracht sei. In die Zwischenzeit fiel die schwere Er? trankung des Oberbürgermeisters und sein Rück- triti vom Amte. Im Oktober 1013 begannen die Arbeiten an den notwendig gewordenen Er­gänzungsbauten, und wir können mit Freude fest­stellen, daß die neuen Gebäulichkeiten alle unter Dach sind und teilweise im laufenden, teilweise im folgenden Semester übernommen werden können.

Am 10. Juni 1914 vollzog Seine Majestät im neuen Palais die G r ü n d u-n g der Universi­tät, worüber die Kabinettsordre heute zum ersten­mal im Original vorliegt. Dem Wunsche des Kai sers entsprecheno hatte man alle Eröffnungsfeier­lichkeiten für den 13. Ollvber festgesetzt und vor bereitet. Die Einladungen ober mußten wegen der außerordentlich gespannten Politischen Lage zurück- gehalten werden.

Ta kam. fast allen Deutschen unerwartet, der furchtbare Weltkrieg. Dozenten und Stu­denten zogen ins Feld, jene als Offiziere und Acrzte, diese als Soldaten und Kranken­träger, und mau glaubte in Frankfur kaum, daß^die neue Universität während^veNte erst bereingebrocheuen Krieges ihre PsoFleriMsi

werde. Der 8. August brachte die kaiserliche Entscheidung. In aller Stille soll die Arbeit ausgenommen werden. Denkwürdig für die Ge­schichte der jungen Universität ist das Datum des 1. August, an dem der Kaiser mitten i-n den schwer­sten Sorgen seines verantwortungsvollen Amles d«e Satzungen der Universität' unterschrieb. Nun wnaie man, daß in Deutschland auch währeno des Massen lärms die Musen nicht schweigen sollen. Man gedenkt in unserem Kreise dieies achten August als einer besonderen Mahnung für die Angehörigen der Frant>nrter Universität, alle unsere Kräfte im wissenschaftlichen Streben zusammenzufasicn und in den Dienst des Vaterlandes zu stellen, um es jo unseren Brüdern draußen im Feld gieichzutun.

Wir Deutsche sind ln das Spiel der Weltkräft« gestellt, um sittliche Tüchtigreit nicht für uns son- dern für die ganze Menschheit zu erarbeiten, zu be­währen. Wir wollen mit den Waijen ves Geisu-s kämpfen, damit der deutsche NaMe nicht untergehe, und wollen uns unseren wackeren Kameraden, die siegreich vor dem Feinde stehen, würdig erweisen. Wenn wir dies Gelöbnis aussprechen,, jp Hände.n wir ganz im Sinne unseres allergnädtgsten Kaisers, der es nicht unterlassen hat, auch im Kriege unserer jungen Universität zu gedenken. Darum wollen wir unsere Wünsche und Entschlüsse in einem Hoch ans. unseren Kaiser zujammensassen.

Grüße und Glückwünsche.

Rektor Wachsmuth schloß an seine Rede dm Verlesung d-cr eingegangeuen teÜZiaph «scheu uno brieslichen Glücktpun,che.

Kaiser und Minister.

Zunächst die schon in denFrankfurter NaH« richten" vom 20. Oktober enthalten? Glück- wun'schdepesche ües Kaisers. Am 21. Ok- toLer übersandte Kultusminister v. Trott - S ol z ein Glückwunschschreiben, in dem er sagt: großer ernster Zeit tritt die Universität Frank­furt an die Seite ihrer älteren Schwesterninstitme": er fordert dann zu ernster wissenschaftlicher Arbeir auf und fährt fort:Auch das ist Dienst am Vater- lande, jedermann an seinem Posten. Ihre Auf­gabe ist es, geistige uno sittliche Werte des Volles mehrcn zu helfen, im Herzen den felsen­festen Glauben an die Zukunft des oeutjchen Volkes."

Universitäten und Gelehrte Gesellschafke»

Weitere Glückwünsche' sandten der zum Sprecher der deutschen Universitäten bei der geplanten Er­öffnungsfeier ausersehcne Rektor der Gie« ßener Universität, die Universität Bonn, die medizi Fakultät der Universität Budapest, die ihr Schreiben an Exzellenz Ehr­lich richtete und mit einemHoch auf unser uner­schütterliches Bündnis" schließt, die Universi« tat Marburg, die das Gedeihen der freun-o. nachbarlichen wissenschaftlichen Beziehungen wünscht, München uno Kiel, Senator Prof. Dr. Ba:« tista Grassi, die Geologische Stativ« in Neapel, die dievölkerverbündende W-sftn« fch-aft" hervorhebt, der Verein akademisch- gebildeter Lehrer Frankfurts, Prof. Stein aus Brüssel, Reltor und «enat der U n i. versität Zürich, die ein besonders angefer- tigtes Schreiben einsan-dten und in der Eröffnung -der Frantfurter Universität mitten im Kriegeei« Zeichen des Vertrauens und des Kraftgefühls, bis das -deutsche Volk beseelen," sehen, die Handels. Hochschule Mannheim fan die Sozialwifsen. fch-aftliche Fakultät), die Wissenschaftlich« Gesellschaft für Luftfahrt und der Frankfurter Verein für Geographi» undStatistik.

Persönliche Glückwünsche.

Von hervorragenden Persönlichkeiten sandte« Grüße und Wünsche: Oberbürgermeister Voigt, der aus Berlin schreibt:Möge die neue Univeisi. tat dereinst der Stolz unseres Vaterlandes uni» unserer Vaterstadt, werden", Oberlandesgerichtsprä. ent Wirk!. Geh. Oberjustizrat Dr. -Spahn. beAaatsanwalt Geheimer Oberjustizrat Dr. tz. Direktor der Liebigoberrealschult

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