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ITr. 90.

Berliner Zeitung

44. Jahrgang

Verlag Ullstein» Berlin SID68, Kod)(lr. 22-26 (Ullfleinbaus). Manuskripte werden nur zurückgesandt, wenn RQchporto beiliegt. Bezugspreis: 7.50 M. monatlich durch die Post, einzelne Nummer In Sroß--Berlin 20 Pf.» außerhalb 30 Pf.» 5treifdand: Inland 50 Pf.» Nuslanb 60 ps.

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1 Uhr vienslag

ly. April 1921.

Tie ZkühmMdermg

Der Zudrang zu dem Potsdamer und Wann feebahnhof war heute morgen außerordentlich i groß. Vom Fernbahnhof wurden zwischen 5 }$9 Uhr 15 Züge, vom Wannseebahnhof 8 Füge ab- gelassen. Um %4 Uhr morgens rückten zwei Hundertschaften Schutzpolizei vor den Bahnhof und ließen immer nur so viel Menschen in die Halle, wie die abgehenden Züge faßten. Es wurden gegen 30 000 Personen be» fördert. Einzelne Züge der Wannseebahn wurden leer abgelassen, um erst in den Vorort- stationen Fahrgäste äufzunehmen, die sonst nie- mals Platz gefunden hätten. Ein Extrazug mit drei Kolonnen Reichswehr, die an dem Be­gräbnis teilnahmen, wurde gegen M6 Uhr vom Wannseebahnhof abgelassen, um 6.18 Uhr fuhr der vom Oberhofmeisteramt bestellte Sonderzug, mit dem die Fürstlichkeiten, die Generalität, die Würdenträger, bas gesamte Offizierskorps de», früheren Pasewalker Kürassierregiments, die Domgeistlichkeit und der Domchor fuhren. Der Verkehr ging flott und ohne Zwischenfall von patten.

ZnJolsdam.

Ein wundervoller Frühlingsmorgen blaut über dem Park von Sanssouci. Die ganz« Nacht hindurch war ein Kommen von Teilnehmern an der Trauerfei'er, die erst um i^>10 Uhr vor­mittags ihren Anfang nehmen kann, schon in den frühen Morgenstunden waren viele Tau­sende im Park versammelt. Die Leiche ist im Laufe der Nacht in dem Wagen geblieben, in dem sie von Doorn hierhergckommen ist. Sieben Offi- ziere des Pasewalker Kürassier-Regiments und sieben Offiziere des Regiments Königin haben die Ehrenwache am Sarge gehalten.

Der Aufmarsch zum Spalier.

Schon vor 8 Uhr begann der Aufmarsch der Vereine und Vereinigungen, die das Spa. l i e r für den Weg bilden, den der Leichenzug nimmt. Da die Straße, die direkt vom Bahnhof Wildpark nach dem Neuen Palais führt, sich als zu kurz erwies für die große Anzahl der ange­meldeten Vereinigungen, hat man einen Umweg für den Traucrzug gewählt. Er geht aus dem ehemaligen Fürstcnbahnhof heraus, am Bahnhof Wildpark vorbei bis an das Gitter, das gegen­über dem Postamt liegt. Hier biegt der Zug in die große Avenue ein, die sich zum Neuen Palais hinzieht. Auf dem Wege vom Bahnhof zum Postamt bilden dienstfreie Mannschaften der Reichswehr Spalier. In der großen Avenue stehen Kriegervereine, die Innungen und andere politische und unpolitische Vereinigungen, na- mentlich solche ehemaligen militärischen Cha­rakters. Hinter ihnen hat sich in dichten Reihen eine Menge eingefunden, die nach vielen Zehn- tawendcn geschätzt werden muß.

Dieses Spalier geht bis unmittelbar an das Reue Palais heran, doch ist für die dem Hofe nahestehenden Personen auf der weiten Schloß­rampe Platz geschaffen worden. Vor der Rampe haben Studenten in vollem Wichs und mit ihren Fahnen Platz bekommen.

Am Antiken Tempel.

Der Zug, der durch die Große Avenue vor das Reue Schloß kommt, wird das Schloß in seiner ganzen Breite passieren und dann am anderen Ende einbiegcn, um durch eine schmale Allee bis zum Antiken Tempel zu gelangen. Der Tempel selbst ist rings innen mit den Kränzen angcfüllt, die zu Tausenden gebracht wurden. Auch die Außenmaucrn sind bis hoch hinauf mit Kränzen behängt. Fast alle vaterländischen Ver­eine, die Frauenvcreine sowie die vielen Zweig- Vereinigungen der großen Verbände, deren Pro- tektorin die Kaiserin war, haben Blumenspenden

als letzten Gruß entsandt. Ein großer Kran- dicht neben dem Eingang ist von den Offizieren des ehemaligen Generalstabs gewidmet worden. Andere Kränze, die mit schlichten Feldblumen und Waldgrün geschmückt sind, stammen aus dem Reiche.

I

Kurz nach 8 Uhr begannen sich vor dem Bahn­hof Wildpark die geladenen Trauer- gäste zu versammeln. Man sah viele der ehe- maligen Minister, fast alleGeneraladjutanten und Generale und Militärpersonen, die dem Kaiser persönlich nahegestanden haben.

Den Trauerzug eröffnen die Geistlichen der Parochien von Potsdam und dann kommen Ab­ordnungen der ehemaligen Offiziere des Leib­regiments Königin unter Führung ihrer beiden letzten Kommandeure Oberst von Hahnke und Oberstleutnant Graf von Moltke. Dann wer­den von General der Kavallerie von Falken- Hayn und Kammerherrn von Winterse ld, sowie von dem letzten Kabinettschef der Kaiserin, Fretherrn von Spitzemberg, auf schwarzem Kiffen die zahlreichen Ordensauezeichnungen der ehemaligen Kaiserin getragen. Die Psevde des Leichenwagens führen ehemalige Offiziere des Kürafsierrsgiments Königin in Pafewalk. Das schwarze Leichentuch, das ein großes,' weißes Kveuz zeigt, tragen an den vier Zipfeln die Ritter des Schwarzen Adlerordens, General der Infanterie von Löwenfeld. Generaloberst Freiherr vonLyncker und die Staatsminsster a.D.von Delbrück undDr.von Breiten­bach. Reben dem Leichenwagen gehen rechts und links die ehemaligen Genevaladjutanten und die Flügeladjutanten. Dicht hinter dem Leichenwagen folgen die königlichen Prinzen und die ehemali­gen deutschen Dundesfürsten.

Di« Travargäst-e.

An der Feierlichkeit nehmen teil: Die Krön, p r i n z e f f i n mit ihren vier Söhnen, Prinz Wil­helm, Prinz Louis Ferdinand, Prinz Hubertus und Prinz Friedrich. Prinz und Prinzessin E 1 1 c I Friedrich, Prinz und Prinzessin Adalbert, Prinz A u g u st Wilhelm, Prinz Oskar und Prinzessin Oskar, der kleine Prinz Alexander Ferdinand, Prinzessin Heinrich von Preußen, Prinz und Prinzessin Waldemar, dir früheren Großherzöge von Baden, Hessen und Sach- sen-Weimar-Eisenach, der frühere Herzog von Braunschwcig und Lüneburg, der frühere Groß­herzog und die Großherzogin von Meckl-nburg- Sck)werin, der frühere Erbgroßherzog von Olden­burg, der frühere Herzog von Altenburg, die Her­zogin von Sachsen-Koburg-Gotha, die Herzogin- Witwe Ernst Günther von Schleswig-Hotstein, Fürst und Fürstin Hohenzollern, Fürst und Für­stin zu Waidcck und Pyrmont, der Fürst zu Schauinburg-Lippe, Prinz Rudolf zur Lippe und Fürst zu Wied, sowie Fürst Hohenlohe-Longen­burg. Außerdem nehmen noch eine große Reihe von Prinzen, Prinzessinnen und Fürsten aus ehe­mals regierenden Häusern teil, die sicli aste gegen 9 Uhr am Bahnhof versammelt hatten.

Bor dem Frirstenbahiihofe entwickelte sich gegen 9 Uhr das bunte Bild großer höfischer Veranstaltungen atten Stils. Man sah mehrere hundert Offiziere, namentlich die Pasewalker Kürassiere und die Offiziere des Infanterieregiments .^Königin". Außerdem waren gegen hundert Generale anwesend. Hinzu kamen noch viele Herren in Hosuniform und Gala- trachten, die früher Minister- oder ähnliche Posten eingenommen hatten. Dazu gesellten sich die Malteser, die auf ihrem weißen Mantel das schwarze Kreuz trugen, und die I o h a n - n i t e r, die aus dem schwarzen Moireemantel das weiße Kreuz zeigten. Die Ritter des hohen Ordens vom Schwarzen Adler trugen das große gelbe Band über der Uniform.

Auch die Damen der Hofgesellschaft waren er- schienen und trugen tiefe Trauer, mit langen Kreppschlciern. Anwesend war auch eine Ab-

Uebereinsiimmung mit Frankrad).

Drahtung.

London, 18. April.

In einer vom Reuterschen Büro verbreiteten Meldung heißt es:

In amtlichen britischen Kreisen ist nichts Be- stätigendes bekannt über die zahlreichen Berichte aus Berlin, betreffend eine bevorstehende Aktion Deutschlands in Hinblick auf seine Derpflichtun- gen am 1. Mai laut Friedensvertrag. Was die wiederholten Gerüchte über eine geplante Ver- m i t t l n n g anbelangt, so sind keine solchen An­gebote der britischen Negierung mitgeteilt worden. Im Zusammenhang damit wird darauf hinge- wiesrn, daß. wenn Deutschland einver..Luftigrs" Angebot vorhat, keine Notwendigkeit für eine Vermittlung besteht. In jedem Falle wird nach­drücklich hervorgehoüen, daß nach Ansicht der bri­tischen Regierung diese Frage unmittel­bar zwischen Deutschland und den Alliierten erörtert werden mutz, und daß erwartet wird, daß Deutschland de» ersten Schritt tut.

Es sei ganz klar gewacht worden, heißt es in der Reutermittellung weiter» daß den Deutschen die Aufgabe zufällt, vor dem 1. Mai den Alliilrr- tcnvernünftige" Vorschläge darüber zu unter­breiten, wie sie ihren Verpflichtungen Nachkom­men wollen. Bisher sei noch keinerlei Plan für eine neue Konscrenz der Alliierten gefaßt worden» aber ob Deutschland neue Vorschläge mache oder nicht, eine Versammlung der Alliierten werde sobald wie möglich nach dem 1. Mai notwendig sein, deren Ort und Zeitpunkt noch festgesetzt werden müßten.

London habe keinerlei Mitteilungen über die gemeldete Absicht der Bereinigten Staaten» sich wieder ln der Reparationskommlssiou vertreten zu lassen, erhalte». Man müsse sich vergegen- wärtigen, daß die Vereinigten Staaten sich voll­kommen freiwillig zurückzogen, und das jetzige Gerücht beziehe sich wahrscheinlich auf die Tat- fache, daß der amerikanische Vertreter, der bet dem Ausscheiden der letzten Regierung aus dem Amte abgcreist fei, jetzt durch einen Vertreter der neue", amerikanischen Negierung ersetzt wer­den solle.

*

Lloyd George hat gestern im Unterhaus eine Erklärung abgegeben, in der er es klar machte, daß England Frankreichs Eewaltpläne dulden und selbst gutheißen werde, wenn nichtver- nünftige" Angebote gemacht würden. Insofern unterscheidet sich seine Erklärung noch immer von

ordnuug russischer Offiziere in Uniform mit Kränzen sowie eine türkische Deputation, die in Zivil war und nur durch den roten Fez auf- fiel. Hindenburg, Ludendorff, Mackensen, Kluck, Gailwitz, Heering und viele andere bekannte Generale aus der letzten wilhelminischen Zeit waren zu sehen.

Kurz nach 9 Ahr

fuhr der Leichenwagen vor, bespannt mit vier Rappen, die violette Plllschdecken trugen, auf den Decken war das Hauswappen der Hohen­zollern mit der königlichen Krone zu sehen. Die Pferde waren mit Kopfschmuck aus weißen und schwarzen Straußenfedern geziert.

Nachdem sich die schon genannten Fürstlich­keiten im Saale des Bahnhofs versammelt hatten., wurde der Sarg von Offizieren der beiden Regimenter der verstorbenen Kaiserin

der letzten Driands, der nunmehr bereits vor allen Vorschlägen die Besitznahme vonSicher, heiten", d. h. aber neue Besetzungen, verlangt, während Lloyd George im Falle einesvernünf­tigen" Angebots vielleicht weitere Zwangs­besetzungen '^"'nächst vermeiden möchte.

Dieser Unterschied der Auffassungen attA gerade nur noch ein formeller. Denn was kann ein vernünftiges" Angebot sein angesichts der brutal rechtswidrigen Goldfordcrung, die doch nur di« Zerstörung Deutschlands durch Erzwingung s ine­inneren wirtschafilichen Katastrophe bezwecken kann. Die Alliierten suchen bei uns ' >0 und mehr Goldmilliarden, die eine Milliarde Gold ist für sie also ganz wertlos, zumal sie selber sehr gut wissen, daß die Wegnahme dieser Milliarde unsere ganze Zahlungsbasis endgültig vernichten muß. Die Forderung sucht also wirklich nur nock Zerstörung, nickt Bezahlung. Diese Goldforde, anq ist aber von der Rrparationskommisiion, also von der Ge­samtheit der Alliierten erboben worden.

Somit bleibt allen Formuntersckieden zum Trotz kein Zweifel mehr, daß England Frankreichs Weg, wie immer er führen mag, billigen wird.

Unterredung Cloyb GeorgeBrianb.

Eigene Drahtung.

Paris, 19. April.

Havas meldet, daß noch vor der angekündig- ten Konferenz der Alliierten eine persönlich« Aussprache zwischen Lloyd George und Briand vorgesehen sei. Die erste Unterredung dürfte schon Eonnnbend, de» 23. April, in der Villa Sir Philipp Sasfoons in Lymyne bei Hythe (Dover) stattfinde».

Rach dem Echo de Paris dauern die Sitzun­gen der Ruhrbesetzungskommission fort. Die Militarismen Pläne sind so out wie fertig. Man glaubt mit 8000 Mann Besatzungstruppen auszukommen, eine Einbe­rufung des Jahrganges 1918 werde sich also wohl erübrigen. Briand wird Lloyd George vorschlagen, die Organisation derNutzbar­machung" des Ruhrgebietes für die Entente unter englische Leitung zu stellen.

Nach dem Petit Journal soll die Entscheidung Wer O b e r s ch l e s i e n möglichst vor dem 1. Mai gefällt werden, damit jede Verquickung mit der Reparationsfrage ausgeschlossen sei. Korfanty und Außenminister Sapieha treffen als Vertreter Polens vor dem Obersten Rat in den näcksten Tagen in Paris ein.

Der Matin läßt sich aus Berlin melden, daß man att-f eine deutsche Kabinettskrise hoffen" dürfe. Vor dem 1. Mai dürfte di« alte Koalition, Mehrhcitssozialisten, Zentrum, Demo- kraten, b : < Regierung im Reiche wieder über­nehmen. Diese Koalition würde wohlgefügiger" sein.

nach dem Leichenwagen getragen. Auf der einen Seite trugen ihn 6 Infanterie-Offiziere, auf der anderen 6 Kürassieroffizirre. Unten im großen Saale wurde eine kurze Pause gouacht und Dryandcr sprach ein kurzes Gebet. Dann wurde der Sarg, der mit rotem Plüsch beschlagen ist und schwere goldbronzene Griff; ringsherum zeigt, auf den königlichen Leichen­wagen gesetzt und mit einen violetten Tuch be­deckt, das gleichfalls auf allen Seiten das Wappen der Hohrnzollern trug.

Ru« formierte sich der Tranerzug.

Vorweg schritt die Geistlichkeit von Potsdam. Oberhofpredigrr Dr. v. Dryander an der Spitz«. Dann folgten die Offiziere des Regiments Königin, ihnen die des Pascwalker-Kürassicr- Rcgiments. Unmittelbar vor dem Leichenwagen wurde das Kissen mit den preußischen Orden der

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