Abhandlungen herausgegeben von der S e n ü e n - belgischen natursorschenden Gesel- schaft. 27. Band 1. und 2. Heft. Wissen­schaftliche Ergebnisse der Reisen , n M a d a g a s c a x und O stafrika in den Jahren 188995 von Dr. A. Voeltzkow. Band III Heft 1 und 2. 259 S. mit 35 Tafeln. 29. Band, 1. Heft. Mit 17 lithographischen Tafeln. Frankfurt a. Mf, Moritz Diesterweg.

Band 27, Heft 1 und 2: 1. L. Döderlein, die Ko­ralle n g a t t u n g F u n g i a. Mit 25 Tafeln. Die Bestim­mung der Rifflorallen ist außerordentlich schwierig. Eine zu­verlässige Feststellung von Arten ist innerhalb formenreicher Gattungen der Riffkorallen ganz unmöglich. Beim Bestimmen solcherKorallen ist dieEntscheidung, welcher der bereits aufge­stellten Gattungen die einzelnen Exemplare zuzuweisen sind, oder ob sie etwa neue Arten darstellen, in hohem Grade von dem persönlichen Gutdünken des Bearbeiters abhängig. Die Variabilität ist in dieser Tiergruppe ungeheuer; fast jedes Exemplar hat seine eigentümlichen, ihm allein zukom­menden Merkmale, und selten sind zwei Exemplare zu finden, die einander so vollkommen gleichen, wie etwa eine Schwalbe der andern. Der Korallenforscher wird sich daher eine ganz andere Auffassung vom BegriffArt" bilden, Wie der Ornithologe. Die zur Artcnunterscheidung verwend­baren Merkmale sind bei den Korallen dem umfangreichen und ziemlich kompliziert gebauten .Skelett ZU entnehmen. Das Skelett der Riffkorallcn ist aber äußeren Einflüssen sehr zugänglich, es kann durch diese stark und dauernd ab­geändert werden, so daß es schwer fällt, zwei Exemplare zu finden, die in allen Merkmalen übereinstimmen. Die Erklärung für diese Erscheinung sucht Döderlein darin, daß es fich um seffile Tiere handelt; diese müssen ihre ganze Lebenszeit an der Stelle, wo sie die Laune des Zufalls einmal festwachsen oder festliegen ließ, zubringen. Dabei müssen sich den einzelnen Exemplaren der gleichen Art sehr verschiedene äußere Lebensbedingungen bieten. Durch die langandauernde Einwirkung gleichbleibcnder äußerer Um­stände entstehen rein individuelle, aber sehr auffallende An­passungserscheinungen, die nur bei den direkt nebeneinander- lebenden Exemplaren sehr ähnlich sein können. Es ist dann außerordentlich schwer, solche Merkmale, die"tatsäch- lich nur lokale Anpassungserscheinungen darstellen, wenn sie in ähnlicher Weise bei vielen Individuen auftreten, von solchen Merkmalen zu unterscheiden, die erblich und als kon- stmite Attribute der Art oder der Varietät anzusehen sind. So kommt es, daß die ausgestellten Arten rein künstlich sind.

Döderlein versucht nun in der vorliegenden Abhandlung durch kritische Durcharbeitung einer großen, formenreichen Korallengattung (Fungia) festDstellen, ob sich nicht doch für die Auffassung der Arten ein anderes, befriedigenderes Re­sultat erzielen lasse. Diese Frage kann mit einem freudigen Ja" beantwortet werden. Die Arbeit weist überzeugend nach, daß sich die mannigfachen Formen der Gattung Fungia ohye Zwkmg und Willkür in natürliche Gruppen unterbringen lassen. Döderlein konnte hier eine Anzahl wohl unterscheidbarer Arten ebensogut aufstellcn, wie bei irgend einer Gattung der Echimodermen, Crustaccen oder Reptilien. Auch liehen sich sehr entschiedene Entwicklungs­richtungen bei der Artdifferenzierung dieser Gattung er­kennen. Allerdings ist die Zahl der Arten dabei sehr zu- sammengeschrumpft. Den Erfolg verdankt der Straß­burger Zoologe der Fülle seines Materiales. Zu der Voeltz- kowschen Reiseausbeute hat Döderlein noch das in den ver- i schiedenen Museen ruhende Material entliehen und verfügte somit über viele hundert Vertreter der Gattung Fungia von zahlreichen Fundorten, die in emsiger Arbeit gesichtet und studiert werden mußten. Die 25 Tafeln, mit ihren vor­züglichen photographischen Abbildungen, geben, eine gute Anschauung von dem Typus der unterschiedenen Arten und ihrer Variabilität.

2. A. Voeltzkow, Beiträge zur Entwick­lungsgeschichte der Reptilien V. Epiphyse und Paraphyse bei Krokodilen und Schildkröten. Mit 2 Tafeln. Die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung der Gehirne von Lrocoäilus und Gairnan ergab, daß eine Epiphyse Zirbeldrüse) diesen Gehirnen fehlt, während die Para- phhse sich als ein weit geöffneter Schlauch ohne Faltenbildung seiner Wandung anlegt. Bei der Schild­kröte, G'helone imbricata, sind Epiphyse. und Pa­raphyse vorhanden und bilden fich als kleine Aus­stülpungen der oberen Wandung der vorderen Hirndaches, beide weit von einander getrennt. Die Epiphyse behält im späteren Wachstum die Gestalt eines langgestreckten ein­fachen Schlauches mit glatten, nicht gefalteten Wanden bei und verliert 'ihren Zusammenhang mit dem Gehirn. Die Paraphyse nimmt durch fortschreitende Faltenbildung eine verzweigte Form an und bleibt durch einen röhrenförmigen

v Stiel mit ihrer Ursprungsstelle in Verbindung. Physiologisch sieht Voeltzkow die Paraphyse als eine Art Lymphorgan an, s das zur Ernährung des- Gehirns in Beziehung tritt.

3. A. Voeltzkow, Beiträge zur Entwick« l u n g s g e schichte der Reptilien VI. Die Ge-

sichtsbildung und Entwicklung der äußeren Körpefform bei Chelcme imbricata Schweigg. mit zwei Tafeln. Der Verfasser .gibt hier, eine Darstellung der äußerlich sichtbaren .Entlpick- lungsvorgängc der Karettschildkröte, mit besonderer Berück­sichtigung des Kopfes (Gesicht, Nase, Ohr),die an einer gro­ßen Reihe von interessanten Abbildungen ivnger Stadien er­läutert ivird.

4. C. Mell, Die Landplanarien der Ma­dagassischen Subregion. Mit 3 Tafeln und 4 Tcxtfiguren. Die Arbeit bringt eine genaue anatomisch- histologische Bearbeitung der von Prof. A. Voeltzkow auf Madagaskar und von Prof. A. Brauer auf den Seychellen l gesammelten Strudelwürmer und gibt eine Zusammenstellung aller von dort bekannten Arten nebst deren Fundorten. Alle madagassischen Bipaliden Zeigen eine außerordentliche Ueber- einstimnnmg im Bau der Kopulationsorgane.

5. F. Siebenrock, Schildkröten von Mada­gaskar und Aldabra, gesantmelt von Dr. A. Voeltz­kow. Mit 3 Tafeln. Die Schildkrötenfauna von Madagas­kar ist von großem Interesse; umfaßt sie doch zwei Gattun­gen: Pyxis Bell und Acinixys Siebenbr. mit je einer Art, die nur dort endemisch auftreten. Außerdem, bewohnen zwei Arten der Gattung Testudo Linne, nämlich T. radiata Shaw und T. yniphora Vaill., sowie eine Art der sonst nur in Südamerika verbreiteten Gattung Podocnemis Wagl. als charakteristische Formen diese Insel. Nur zwei Gattungen in je einer Art besitzt Madagaskar mit dem gegenüberliegenden Kontinent gemeinsam: Sternothaerus Bell und Pelome* dusa Wagl. Rieseuschildkröten, Testudo daudini D. B. gibt es auf der Insel Aldabra in Menge, doch sind sie nur zur Zeit der Eiablage in größerer Anzahl sichtbar, da sie daun in Scharen an die nur spärlich vorhandenen sandigen Strecken des Strandes wandern. Das größte von Voeltz­kow erbeutete Tier hatte eine Gewicht von über zwei Zent­ner. Nach Aussage der Fischer soll es noch so große Stücke geben, daß man sie garuicht transportieren kann, doch zie­hen sich diese alten Riesen völlig in den dichtesten Busch zu­rück- und kommen nur zur Zeit der Eiablage zum Vorschein. Die kleinere Podocnemis madagascariensis Grand., die bis zu zwei Fuß lang wird, ist auf Madagaskar sehr häufig. Voeltzkow erbeutete von dieser Art 60 Stück. Ihre Rücken- schalen werden von den Eingeborenen als Futtertröge für Hunde benutzt.

Die drei der Arbeit beigegebenen Tafeln der hiesigen li­thographischen Anstalt von Werner und Winter dürften in ihrer Feinheit und Schönheit der Ausführung unerreicht da­stehen.

Band 29, Heft 1: A. v. R ein ach , Schildkrö tenr est e aus dem egyptischen Tertiär. Nachdem v. Reinach erst vor zwei Jahren mit einer umfangreichen Arbeit über die Schildkrötenreste des Mainzer Tertiär-Beckens den gan­zen 28. Band der Abhandlungen mit 44 Tafeln gefüllt hat, liegt nunmehr als weitere schöne Frucht seiner Schildkröten- studien wiederum ein ganzes Heft der Abhandlungen vor. Das haupffächliche Material war von den Münchener Geo­logen C. Stromer von Reichenbach und M. Blankenhorn auf einer Forschungsreise in Egypten im Winter 190102 ge­sammelt worden. Sodann wurden noch vorzüglich erhaltene Schildkrötenpanzer des kgl. Museums in Berlin und des hie- j sigen Senckenbergtschen Museums, die den gleichen egyptischen Tertiär-Ablagerungen entstammen, ziw Beschreibung heran- gezogeu. Die Arbeit liefert durch die sorgfältige Beschreibung und sachgemäße Abbildung der einzelnen Arten eine wertvolle Bereicherung der systematischen Forschung der Schildkröten­fauna des egyptischen Tertiärs (Fayum), welcher von den bisher beschriebenen europäischen tertiären Schildkröten­faunen die des Untereocäns von Sheppey in England am nächsten steht. I)r. R,

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Abhandlungen, herausgegeben von der S e n c k e n-i bergischen naturforschenden Gesell--: schaf t. 27. Band, 3. Heft. W issenschaft- liehe Ergebnisse der Reisen in Mada­gaskar und Ostafrika in den Jahren 1889 bis 1895 von Br. A. Voeltzko w. Band 111, 3. Heft,,, S. 260 bis 358, mit 11 lithogr. Tafeln und 4 Text- figuren. Frankfurt a. M., Moritz Diesterweg. j

6. Hans Stra hl: Beiträge zur vergleichen­

den Anatomie der Placenta. Mit 10 Tafeln' und 1 Textfigur. Verfasser bearbeitete das rehhe embryo­logische Säugetier-Material, das Professor Voeltzkow auf seinen Reisen gesammelt hatte, Embryonen-Serien, sowie, Uteri gravidi von Lemuriden. Viverra civifta und nament-' lieh vom Trance, Centetes ecaudatus. Die Placenta des Lemuriden (Propithecus, Lemur) ist eine Semiplacenta-J diffusa, die bei den einzelnen Arten neben manchen Ueber- 1 einstimmungen doch charakteristische Unterschiede hat,; die eine Unterscheidung ermöglichen. Viverra besitzt,-, wie die meisten Raubtiere, eine Placenta zonaria simples, die den Embryonalhüllen von Hund und Katze sehr ähnlicü: sieht. Centetes ecaudatus hat neben einer Placenta dis-: coidalis perforsta eine ringförmige Semiplacenta avillosa;; man findet oft eine Vollplacenta neben einer Halbpla- 1 centa im gleichen Uterus, wodurch der madagassische: Tanrec eine eigenartige Sonderstellung einnimmt. Zur um- fassenden Ausnutzung des Materials hat Verfasser von der, Abbildung, namentlich von der Photographie, ausgiebigem Gebrauch gemacht. f

7. A. Tornquist: Ueber eine eoeäne Fauna- der Westküste v o n' M a d a g a s k a r. Mit 1 Tafel! und 3 Text figuren. Die Bearbeitung der von Prof. Voeltz­kow heimgebrachten Versteinerungen, namentlich der Ko-i rallen Demjracis, Alveopora, Stylopora und Millipora, er­gab mit Sicherheit, daß die Majunga-Kalke von Mada gas­gar dem Eocän angehören, also ein erheblich höheres Altes haben, als man nach den früheren Forschungen annahm/ Der fossilienführende eoeäne Kalk findet sich in horizon­taler Lagerung an verschiedenen Punkten an der Westküste; von Madagaskar. Diese eoeäno Decke ist aber durch die : Erosion sehr stark abgetragen und nur noch in Form von. isolierten Fetzen übrig geblieben. Verfasser spricht dann, noch über den geologischen Aufbau der Insel Madagaskar,

und ihre geologischen Beziehungen zur ostafrikanischen, Küste. Danach stellt die Insel Madagaskar einen nach dieser abgesunkenen Staffelbruch dar. Dr. R>