Fünfundachtzigste Nachricht
von dem Fortgang und Anwachs
der
Or. Senckenbergischen Stiftung
zum Besten der Arzneikunde und Krankenpflege
vom 1. April 1918 bis 31. März 1919.
Die mehr als vier Jahre währende Last des Weltkrieges und die völlige wirtschaftliche Abschnürung Deutschlands nach Annahme der harten Waffenstillstandsbedingungen Anfang November 1918 beeinflußten auch die wirtschaftliche Lage der Or. Senckenbergischen Stiftung auf das allerungünstigste. Die Zinsen aus den Kapitalfonds der einzelnen Stiftungs-Institute reichen nicht mehr aus, die Einnahmen der Institute mit den Ausgaben in Einklang zu bringen. Besonders das Bürgerhospital und die Senckenbergische Bibliothek leiden schwer unter der heutigen finanziellen Notlage. Die Anatomie und das Botanische Institut werden durch die vertraglich festgelegten Zuschüsse der Universität finanziert.
Die Stiftung Senckenbergs, die der edle Gründer als einen Tempel der Wissenschaft und zum Besten der armen und kranken Bürger seiner Vaterstadt Frankfurt a. M. im Jahre 1763 errichtete, steht in Gefahr, ihre wissenschaftlichen und Wohlfahrts-Aufgaben nicht mehr in dem Umfange erfüllen zu können, wie es dem Willen des Stifters und seiner Administratoren entspricht. Durch reiche Zuwendungen aus der Bürgerschaft war es ermöglicht worden, die Stiftung zu hoher Blüte und zu einer weit über die Grenzen Frankfurts hinausreichenden wissenschaftlichen Bedeutung zu bringen. Sie auf der erreichten Höhe zu erhalten, ja noch mehr auszubauen, ist das Bestreben der Administration. Die Erreichung dieses Ziels ist bei der durch die Not der Zeit hervorgerufenen schwierigen finanziellen Lage der Stiftung in Frage gestellt, ja es steht zu befürchten, daß manche der schönen Errungenschaften aufgegeben werden müssen, nur weil die Mittel zur Fortführung fehlen.
Wir richten daher die herzliche Bitte an die Frankfurter Bürgerschaft: „Helfen Sie uns die Stiftung Senckenbergs durch Zuwendung größerer Mittel in ihrer alten Bedeutung und Größe zu erhalten, und schaffen Sie für die Festigung der Stiftung ein Fundament, das, auf den alten treubewährten Bürgersinn unserer lieben Vaterstadt sich stützend, allen Stürmen und Zeiten Trotz bieten kann.
Nach einer 24jährigen Amtszeit als Administrator legte Herr Geheimer Sanitätsrat Or. Franz Baer- wind am 11. 7. 1918 wegen schwerer Erkrankung sein Amt als Administrationsmitglied nieder. Er starb am 2. März 1919 im Alter von 64 Jahren. Durch seine unermüdliche Tätigkeit und Pflichttreue in seinem Amt als ärztlicher Deputierter zum Bürgerhospital bleibt ihm in der Geschichte der Stiftung ein ehrendes und dankbares Andenken gesichert.
Zu seinem Nachfolger wurde am 18. August 1918 der frühere langjährige Chefarzt am Bürgerhospital, Herr Geheimer Sanitätsrat vr. Friedrich Ebenau gewählt.
Als Nachfolger des am 25. März 1918 verstorbenen Herrn Albert von Metzler trat dessen Sohn, Herr Moritz von Metzler, als Mitglied in die Administration ein. Seine Einführung erfolgte am 14. Mai 1918. Es wurde ihm die Aufsicht über das Bürgerhospiral in ökonomischer Beziehung übertragen. Als stellvertretender Vorsitzender und zweites Administrations-Mitglied zum Großen Nat der Universität wurde Herr Alexander Majer gewählt.