rtcpe Ausführung ferner Jvee erleichtern könne? Bon seinem einsamen Krankenlager aus durch brieflichen Verkehr und Theilnahme einiger Freunde unterstützt, mit Aufsuchung und Auswahl einer dem Zweck mög­lichst entsprechenden Besitzung beschäftigt, fanden sich mehrere Kaufliebhaber des Gutes am Bette deS Kran­ken ein, der endlich, nach hartem und langem Kampf mit sich selber, um den Preis von 40,000 fl. in den Verkauf der Gebäude, Gärten und Felder einwillizte, die seinen innern Augen seit so vielen Jahren als der Sitz der künftigen Stiftung, der Heimath der einstigen Pflegesöhne gegolten hatte.

Als bald nach dem Tode des edlen Königs Max II. von Bayern, im März 1864, in den verschiedensten Kreisen der Bevölkerung davon die Rede war, daß in der Nähe von Feldaßing, an einem der reizendsten Punkte am Ufer des Starnberger Sees, zu dankbarer Erinnerung an den geliebten König, durch Beiträge aus dem Volke, eine, ganz im Sinne des Verstorbenen, nach allen Richtungen anregende und lebendig fortwirkende Bildungsanstalt für künftige Techniker, Künstler, Geschäfts- mäuner und Gelehrte errichtet werden sollte, säumte der Stifter nicht, durch einen ihm befreundeten, hohen Staats­beamten seine Sommlungen an Büchern, Kupferstichen und Mineralien, nebst dem Erlös für sein Gut, für die zu errichtende Bildungsanstaltals ersten beschei­denen Beitrag aus dem Volke," dem Comite für das Königsdenkmal anbieten zu lassen, und wurde nach einiger Zeit mit der Antwort beehrt, daß seine Eingabe an den Präsidenten dieses ComiteS, Herrn Grafen H. D. ab­gegeben worden sei.. Weiteres erfolgte nicht!

Nach beinahe zweijährigem, schwerem Leiden soweit hergestellt, daß er in kleinen Tagereisen im Spätherbst 1865, nach den Rheinlanden, seit einem halben Jahrhundert dem Vaterland seiner Wahl, zurückkehren konnte, fand der Stifter in den Familien verstorbener Freunde in der Pfalz, in Nassau und Frankfurt am Main, nnd namentlich auch in den Mitgliedern des freien deutschen Hochstiftes für Wissenschaft und Kunst die freundlichste Aufnahme. Bald fühlte er das Be- dürfniß, auch mit mehreren geschäftskundigen und streb­samen Ehrenmännern unter seinen jungen Freunden seinen alten Stiftungsplan noch einmal berathend zu besprechen, welcher freilich dermalen seine frühere Grund­lage, das Landgut, verloren und eine neue, die aus Haus und Garten bestehen sollte, noch nicht gewonnen hatte.

Nach mannigfaltigen Ueberlegungen und Erwägung aller möglichen, oder, in späterer Zeit unter veränder­ten Umständen wahrscheinlichen Einwirkung äußerer Ver­hältnisse gelangte man zuletzt zu der Ueberzeugung: daß gerade diese Grundlage, die ursprünglich als so unerläßlich hingestellte, doch nur dem Scheine nach familienmäßige Beisammenleben und Zusammenarbeiten der Lehrer und Schüler, an welchem freilich das Herz des alten Stifter's hing, als zu beschränkend im Raum, ganz entschieden aufgegeben werden müsse, um eine möglichst frei waltende, den manichfachsten äußern Ver­hältnissen leicht sich anschließende Bildungsanstalt gründen zu können, die zwar äußerlich kaum sichtbar, dennoch über ganz Deutschland verbreitet ist, den manichfachsten Ta­lenten und Lehrkräften unter den verschiedensten äuße­ren Verbindungen ihre Mitwirkung gestattet und mit der geringsten Belästigung in Anspruch nimmt, die Renten des d-rmaligen und künftigen Stiftungsvermö­gens nicht durch allerlei Nebenausgaben zersplittert, sondern möglichst sparsam lediglich für Unterricht und Erziehungszwecke zu verwenden und für eine ferne Zu­kunft eine fortdauernd geistig anregende und befriedigende Wirksamkeit verspricht.

Das Alles fand in der Seele des Stifters, nach manchem schweren Bedenken und schmerzlichem Ent­sagen, dennoch zuletzt freudigen Eingang! Er sah sich dem Lebensende so nahe der Erfüllung seiner, so viele Jahre festgehallenen und so beharrlich verfolg­ten Wünschen, wenn auch in anderen Formen näher gerückt und im frühen Frühjahr 1866 schied er mit dem Versprechen von seinen jungen Freunden, in we­nigen Wochen alles zur Gründung des allgemeinen Unterstützungsfonds Erforderliche nach Inhalt der ge­pflogenen Berathungen zum Druck oder zur Eingabe an die betreffende Behörde vorzubereiten.

Aber es war dem mehr als achtzigjährigen nicht müde zu machenden Greis eine neue Zögerung, neue Prüfung Vorbehalten! Es zogen schwere Wetter­wolken an Deutschlands Horizont herauf. Gegen den laut ausgesprochenen Willen aller deutschen Stammes­genossen brach der unselige Bruderkrieg aus. Ein Ereigniß, welches gerade den Stifter in tief­ster Seele schmerzen mußte, als ihm von seinen vielen jugendlichen Wanderungen im Anfang unseres Jahr­hunderts her alle deutschen Volkstämme gleichbekannt, gleich befreundet waren, er ihre Licht- und Schatten­seiten sehr wohl abzuwiegen und zu schätzen wvßte, und sich bald und leicht in allen den lieben deutschen Landen heimisch fühlte.

Cr war damals in der trübsten und ernstesten Stimmung. Oft hörte man den einsamen alten Wan­derer sagen:Es gefalle ihm nicht mehr in Deutsch­land!" Doch gab er auch in dieser schlimmen blu­tigen Zeit seinen alten, für Friedensjahre entworfen gewesenen Plan keineswegs auf. Er verschob nur dessen Ausführung um einige^Jahre, indem er in einem, im Juli 1866 bei einem damals noch herzoglich Nas- sauischen Justizamte deponirten Testament verfügte: daß seine geuau bezeichneten, gleichberechtigten Erben,

nur vie Muren veziehen, nach ihrem einstigen AuSster- ben aber sein ganzes in Grundbesitz, Staatspapieren und Sammlungen bestehendes Vermögen dem allgemeinen Unterstützungsfond für talentvolle, arme Knaben und Jünglinge deutscher Nation zufallen soll.

Es kam aber anders. Er söhnte sich allmählich in gewissem Sinne mit den umgewandelten Zuständen aus, besuchte im Herbst die Kinder der Hingeschiedenen Freunde am Rhein und der Mosel, der Saar, am Neckar und in der Schweiz, besprach und berieth mit ihnen nochmals die nckch den zuletzt gewonnenen Ansichten zu begründende Anstalt, verlebte den Winter in Nassau und schrieb am Abend vor Palmsonntag seinen Stiftungsbrief, aus dem wir, auf die später erscheinende Druckschrift verweisend, den Zweck und die Leitung der Anstalt und die Verwaltung des Stiftungsvermögens betreffende Sätze mittheilen.

Der Wunsch und Wille des Stifters ist schon seit vielen Jahren:armen verlassenen Knaben und Jüng­lingen deutscher Nation in irgend einer Weise Ge­legenheit zur Entwicklung und weiteren Ausbildung der vielleicht in reichem Maaße m ihnen liegenden, ange- bornen Neigungen, Anlagen und besonder« Talente für irgend eine Lebensstellung, Gewerbe, Kunst oder Wissenschaft zu verschaffen, und sie dadurch zugleich vor Irrwegen zu bewahren, aus welche sie, ohne Stütze und sorgende Aufsicht gelassen, gerade ihr lebhafter Geist, ihr vorwärts strebender, fester Wille, ihr jugendlicher, unbestimmter Thätigkeitstrieb und früh erwachsender Ehrgeiz nur allzuleicht führen könnten."

Er dankt Gott, daß es ihm, so nahe am Rande des Grabes vergönnt ist, den ersparten Lohn sechzig­jähriger Arbeit in die Hände derer niederzulegen, die ihn am nothwendigsten brauchen und so Gott will - mit dem beßten Erfolg zu verwenden wissen werden: den jungen Pflegsöhnen der Palmsonntagstiftung," für die er die Summe von fl. 40,000Nenn­werth in Staatspapieren bei der König!. Landes­bank in Wiesbaden niedergelegt hat, welche in seinem Testament der Dr. Senkend er g'schen Stiftung in Frankfurt a. M. als Legat, jedoch zur abgesonderten Verwahrung und Verwaltung -ÄÄätzeschrieben sind."

Gerechtfertigt erscheint diese Benennung dadurch, daß an diesem Tgge die so bescheidene und doch welt­beherrschende Religion Jesu, die Alle ihr Angehörigen zu gegenseitiger Hülfeleistung, Bruderliebe und freu­diger Aufopferung aller selbstsüchtigen Absichten ver­pflichtet, siegessroh in der Hauptstadt des Landes ein­zog, von dem Volke mit Jubel empfangen, von allen Denkendenals die allein wahre, allein beseligende Lehre, erkannt wurde; daß auch um diese Zeit arme Knaben aus der Schule ihrer bisherigen geistigen Heimath entlassen werden, um, ohne fernere Leitung, ohne Rath und liebende Aussicht in die ihnen so ftemde, so kalte, vielbeschäftigte, selbstsüchtige und doch so schöne Welt einzutreten, und endlich auch, weil am Vorabend dieses schönen bedeutungsvollen Frühlingsfestes der erste Grundstein zum Aufbau einer neuen, nach allen Rich­tungen hin wirksamen äußerlich nicht sichtbaren

Heimath talentvoller, armer Knaben und Jünglinge gelegt wurde."

Nach § 13 sollen die Renten des jetzigen und künftigen Stistungsvermögens lediglich dazu verwendet werden, besonders talentvolle Knaben in der Ausbildung ihrer Anlagen in so weit und auf so lange Zeit noth- dürftig zu unterstützen, bis es ihnen möglich geworden ist, sich mit äußerster Anstrengung ihrer Kräfte und Kenntnisse sich selbst fortzuhelfen. Auch sollen diese Gaben nicht als Geschenk, als beschämendes Almosen, sondern als unverzinsliches Darlehen bewilligt, von dem wohlgerathenen Schüler aus dem ersparten Ver­dienst nach und nach zurückgezahlt und für später Nach­folgende verwendet, dem Mißrathenen aber die Schuld erlassen werden.

Nach 8-47 sind, so weit die Mittel reichen, alle irgend einem deutschen Staat, dem Mosaischen oder christlichem Glaubensbekenntniß angehörige Knaben, ohne Berücksichtigung der bürgerlichen Verhältnisse ihrer Eltern zur Aufnahme in die Anstalt berechtigt, die ein voll­kommen gültiges Zeugniß vorlegen, daß sie arm, kör­perlich gesund und geistig besonders begabt sind.

Nach §. 811 werden Zöglinge, die nicht in ihrem elterlichen Hause eine passende und naturgemäße Unter­kunft finden, bei ehrenwerthen Bürger- oder Bauern­familien der nächsten Umgebung untergebracht, ganz wie Familienmitglieder behandelt, verpflegt und beschäftigt, besuchen die nächste, ihrem Bedürsniß und Bildungsgrad an­gemessene Unterrichtsanstalt und werden von eigens dazu bestellten Aufsehern überwacht, welche über sittliches Verhalten, ihren Fleiß und ihre künstlerischen oder wis­senschaftlichen Fortschritte monatliche Berichte an die leitende Behörde der Palmsonntagstistung einzuschicken verpflichtet sind.

8- 12 lautet: Junge Leute, deren Leistungen den irrthümlich in ihnen vorausgesetzten Geisteskräften nicht entsprechen, werden in ihrem eigenem Interesse baldthunlichst aus der Anstalt entfernt und kehren in ihre ursprünglichen Verhältnisse zurück. Denn was helfen dem Techniker, Künstler, Gelehrten erlernte Kennt­nisse oder Fertigkeiten ohne Geist, ohne innere schaf­fende Kraft?

Die 8- 1314 enthalten Andeutungen über Ver­waltung und allmählige Vermehrung des ursprünglichen Stistungsvermögens, welches lediglich durch Aufsparung

Verantwortlicher Redakteur Bernhard Scholz. - Druck »an Adolph Stein

der 6prcc. Zinsen unv Zinseszinsen in 15 Jahren ver­doppelt und also im'Jahre 1885, der hundertjährigen Geburtsfeier des Stifters die Anstalt eröffnet werden kann.

8-15 spricht die Hoffnung aus, daß es der Ver­waltungsbehörde gelingen werde, die Theilnahme wohl­wollender Fürsten und Regierungen, reicher Gemeinden, Genossenschaften und Familien zu gewinnen, und durch ihre Beiträge, Geschenke und Vermächtniffe den Beginn der Wirksamkeit beschleunigen und den Kreis derselben erweitern zu können, und schließt mit der Bemerkung: Günstige Folgen können nicht ausbleiben! Von dem Augenblick an, daß diese neue Anstalt in's Leben tritt, geht jedem reichbegabten armen Kinde die Hoff» nung auf, möglicherweise entdeckt, in freundliche Pflege genommen und belehrt zu werden, in welchem abge­legenen Dörfchen, in dem Gewühl, welcher geräusch- vollen großen Stadt Deutschlands es auch stecken mag!

In dem §. 1620 kommen folgende Bestimmungen vor: Es wird gesagt, daß, da die neue Stiftung nichts äußerlich Anziehendes darzubieten habe, sie sich mit ihren Bitten an das Wohlwollen der Gebildeten wen­den, welche ihre Pflegesöhne in allen Gegenden Deutsch­lands aufsuchen und deren geistige und sittliche Ent­wicklung überwachen; an die Herzen ehrenwerther Bürger­oder Bauernfamilien, welche sie freundlich in Pflege nehmen und an die Kasse der Reichen, welch- durch ihre Unterstützung die Eröffnung der Anstalt beschleuni­gen und ihre Wirksamkeit erweitern sollen. Die in mehreren Staaten bestehende Verpflichtung der nächsten Verwandten, Gemeinde oder Stiftungskassen für den Unterhalt verwaister armer Knaben zu sorgen, soll den­selben nicht erlassen, sondern für die Pflegesöhne der Palmsonntagstiftung in Anspruch genommen werden. Beiträge zur Vermehrung des Stiftungsvermögens können in liegenden Gütern, Bergwerken, Fabriken, Kapitalien, Schuldscheinen, Staatspapieren, Aktien, Lebensversiche­rungsscheinen u. dgl. bestehen, oder es können auf eine gewisse Reihe von Jahren, oder auf unbestimmte Zeit jährliche Zuschüsse bewilligt werden, oder es kann auch irgend ein Wohlthäter, eine Familie, Genossenschaft oder Gemeinde einen ihr bekannten oder angehörigen reichbegabten armen Knaben oder Jüngling zur Auf­nahme in die Stiftung empfehlen, aber allen Aufwand sür Kost, Kleidung und Unterricht selbst zu bestreiten sick verpflichten. Auch kann es geschehen, daß manchen Zöglingen nur Unterricht und Unterrichtsmittel ge­währt, Verpflegung und Bekleidung aber den Eltern und nächsten Verwandten überlassen und auch auf diese Weise der Aufwand vermindert, der Kreis der Wirk­samkeit erweitert werden kann.

Nach 8-21 ist eS der Wunsch des Stifters, daß insofern die höchste Staatsbehörde ihre Genehmigung ertheilt, entweder schon jetzt oder gleich nach seinem Tode die Vertretung der Palmsonntagstiftung, den öffentlichen Behörden und dem Publikum gegenüber, die Leitung der ganzen Anstalt, die Oberaufsicht über alle Angehörigen derselben, die Verwaltung deS der- maligen und künftigen Stistungsvermögens einer be- fonoeren Commission uoerrragen weroen, werrpr uuv: Einem Mitglied der Königl. Regierung als Dirigent, z. B. den Referenten in Schulangelegenheiten; einem Mitgliede des Magistrats der Stadt Frankfurt; einem Mitgliede des hohen Ordens der Freimaurer; einem Mitgliede des freien deutschen HochstifteS für Kunst und Wissenschaft;

einem Mitgliede der Senkenbergischen Stiftung für Natur- und Heilkunde, als Naturforscher; einem Mitgliede des Städelschen Instituts als Kunst­verständiger ;

einem erfahrenen Erzieher und Schulmann; einem anerkannt tüchtigen Rechtskonsulenten und einem mit Geld- und Kassengeschäften vertrauten Kassirer und Rechner

zusammengesetzt ist, von den betreffenden königlichen und städtischen Behörden, nach gemeinschaftlicher Be­sprechung gewählt wird und sich wenn nicht früher^ doch gleich nach Eröffnung des Testaments conftitui- ren, alle zur Gründung und künftigen Wirksamkeit der Palmsonntagstiftung erforderlichen Schritte thun und die Statuten zwar im Sinne des Stifters, aber dem Publikum gegenüber ganz nach den Bedürfnissen der Zeit und nach eigener gewissenhafter Erwägung ent­werfen wird.

Dieser Stiftungsbrief ist von dem ersten Begrün­der der Palmsonntagstistung ohne Einfluß von irgend einer Seite, bei vollem Bewußtsein, nach gründlichem, allseitigem Bedenken, und in der innigsten Ueberzeugung, Recht zu thun, in Uebereinstimmung mit dem Inhalt seines Testamentes eigenhändig niedergeschrieben und unterzeichnet worden am Abend vor Palmsonntag deS Jahres 1868.

Durch einen wohlwollend anerkennenden Erlaß vom 5. Juni d.I.I Hai derselbe die Genehmigung der Kgl. Preuß. Regierung zn l Wiesbaden erhalten und dürfen nnnmehr Anerbietungen von! Beiträgen, Geschenken und Bermächtniffen für die Palmsonntag-! stistung angenommen werden. I

Palmensonntaq, deine Psalmen,! Sprich mit deiner Feierstimme Lass in uns sie wiederhallen, Liebe, die die Well geschaffen, I Künd'uns Licht undFrieden allen lWeicht mit ihren reinen Waffen I Sonnenaufgang über Palmen, j Nimmer vor des HaffeS GrimmeM

Wie er auch mit wilden Tönen I

Triumphirend Zwiespalt dräue, I

Immer wieder hält auf's Neue >

Seinen Einzug das Versöhnen. I

JuliuS Hammer. I

in Wiesbaden.