16. 8. 45

Sehr geehrter Herr Sehüssler!

Auf Grund Ihrer mündlichen Zusage schicke ich Ihnen anbei Herrn FRAKTZ zu und wäre Ihnen sehr zu Dank verbunden, wenn Sie sich der An» gelegenbeit annehmen würden. Ich wurde mich freuen, wenn Sie auf Grund der von Herrn FRAKTZ vorgelegten Schreiben und der sonst noch einzu- holenden Auskünfte wiederum zu einem positiven Entscheid kommen würden

Ich darf noch erwähnen, dass Herr FRAKTZ vor einigen Tagen von sfei nem Vorgesetzten, Herrn Postrat Dr.von JASSIEKICKY (Telefon 72441,Ne­benstelle 26,ist zu jeder Auskunft bereit) den mündlichen Bescheid be­kommen hat, dass der Prüfungsausschuss sich für Weiterzahlung der Pen­sion ausgesprochen habe.

Auf Veranlassung der Kriminalpolizei hatte Herr FRAKTZ ein Gesuch bei der Stadtverwaltung eingereicht und nun naeh meiner Rücksprache mit Ihnen wieder zurückerbeten. Hierbei hatte er Gelegenheit, mit Herr! Magistratsrat Dr.ASKENASY längere Zeit zu sprechen. Auch Herr Magis­trat srat sprach sich nach Anhören der vorliegenden Verhältnisse, und im Hinblick auf die Weiterzahlung der Pension im positiven Sinne aus.

Die Wohnung von Herrn FRAKTZ ist vom Besatzungsamt vor einigen Ta­gen zum 30.9*45 beschlagnahmt worden. Ich habe mich persönlich beim Besatzungsamt hierüber erkundigt und bin hierbei nicht schlau gewor­den. Wie mir die Dame sagte, war der Aussenbeamte angewiesen, 2 voll­kommen leerstehende Wohnungen in der Schubertstrasse 3 (dem Polizei­block zugehörend, zu beschlagnahmen. Er kam zurück und hatte dafür die Wohnung vor Herrn FRAKTZ und einem anderen Mieter in der Josef Haydn« strasse 74 beschlagnahmt. Warum und wieso dies geschehen ist, darüber konnte mir die Dame keine Auskunft geben. Nun stehen in der Tat 2 Woh­nungen in der Schubertstrasse 3 l®er bezw. die eine ist vor einigen Ta* gen belegt worden. Ich vermute stark, dass hier eine Verwechslung oder Irreführung vorliegt. Ich habe bei der Dame erreichen können, dass die Wohnung am 30.9*45 erneut überprüft wird. Sie hat gebeten, dass der Mi ter sich bis zu diesem Zeitpunkt den Nachweis »erschafft, dass er in der Wohnung verbleibt.

Ich darf noch nachtragen, dass sich Herr FRAKTZ für meinen Onkel, den Jüdischen Sanitätsrat Dr.RADT eingesetzt und ihn dadurch längere Zeit vor dem Ghetto bewahrt hat.

Ih Anbetracht der wenigen nur noch zur Verfügung stehen Tage, wur= de ich es dankbar begrüssen, wenn man die Prüfung etwas beschleunigen konnte.

Mit nochmaligem Dank für Ihr Eingreifen

Ihr sehr ergebener

Prof.Dr.Reuling