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PROFESSOR DR. MED. K. ZEIGER

DIREKTOR

DES ANATOMISCHEN INSTITUTS DER HANSISCHEN UNIVERSITÄT

HAMBURG 20

1o!September 1947

SCHOTTMÜLLERSTRASSE 1 FERNRUF: 53 10 41

Herrn Professor Dr.R. Mertens Direktor des Senckenberg Museums Frankfurt a.Main

Sehr verehrter Herr Kollege!

Als ältester Schüler von Professor H. Bluntschli, Bern, unter dem ich mich 1924 in Frankfurt am Main habilitierte, und als alter "Senckenberger" möchte ich heute mit folgender Anregung an Sie herantreten.

Herr Bluntschli hat im vergangenen März seinen 70.Geburts­tag gefeiert und ist dabei wegen seiner Arbeiten zur Placentation und Primitiventwicklung der Säuger zum korrespondierenden Mitglied der Zoological Society in London ernannt worden. Ich brauche die überra­genden Verdienste von Herrn Bluntschli um die Dr.Senckenbergische Anatomie in Frankfurt a.M. und die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft hier nicht hervorzuheben. Sie kennen sie so genau wie ich. Herr Bluntschli war auf der Anfang dieses Monats in Bonn abgehal­tenen Anatomenta^ung erschienen, hat einen ausgezeichneten^mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag gehalten und eine erstaunliche Aktivität an den Tag gelegt. Er setzt sich auch, wie ich in Erfahrung gebracht habe, trotz der Behandlung, die ihm bei seinem Weggang von Frankfurt 1933 zuteil wurde, in unerschrockener Weise und frei von Hedem Ressen­timent für d ie deutschen Fachgenossen, besonders auch dem Ausland gegenüber ein. Auch in menschlicher Hinsicht zeigte er allen Kolle­gen, deren politische Haltung in der Vergangenheit er als Schweizer Demokrat nicht billigen konnte, eine ungemein wohlwollende und mehr als versöhnliche Haltung.

So glaube ich im Namen aller deutschen Anatomen, die heu­te ja noch nicht wieder offiziell in einer Gesellschaft vereinigt sind, zu sprechen, wenn ich Sie bitte, dem Vorstand der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft die Frage vorzulegen, ob man Herrn Bluntschli jetzt nicht durch Verleihung einer der hierfür in Betracht kommenden Medaillen ehren und damit den Dank der deutschen Wissen­schaft abstatten sollte.

Mit freundlicher kollegialer Begrüßung Ihr Srgebener

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